Radtour 14

Tegel – Der unbekannte Stadtteil

Tegel ist mehr als ein Flughafen. Zwischen Villen und Wäldern stößt der ­Radfahrer immer wieder auf behagliche Badebuchten, die zur Rast einladen
Text Robert Schultz

Den Bezirk Tegel kennen selbst viele gebürtige Berliner, wenn sie nicht gerade in Reinickendorf ansässig sind, nur vom Hörensagen. Lediglich der eigentlich pensionierte Flughafen Tegel, von dem man in Richtung Mallorca oder Bulgarien entschwinden kann, ist vielen ein Begriff.
An diesem Umstand mag es liegen, dass dort trotz S- und U-Bahnanschluss und Fahrtzeiten von unter 30 Minuten wunderschöne Ausflugsziele zu finden sind, die kaum einer kennt.

Es beginnt, wie so oft, alles mit einer vergnüglichen S-Bahnfahrt. Die S 8 bringt einen direkt ins Herz des ehemaligen slawischen Fischerdorfes. Hier angelangt, kommen dem kundigen Berlin-Entdecker sofort Assoziationen mit der Spandauer Vorstadt und ihrer „lieblichen“ 1960er-Jahre-Architektur in den Sinn. Doch dieses Bild soll nicht lange vorhalten, denn nach wenigen Hundert Metern erreicht man bereits den Waidmannsluster Damm, der einen schnurstracks in den Schlosspark Tegel leitet. Für Kulturinteressierte bietet sich hier ein Zwischenstopp im Schloss Tegel mit seinem Humboldtmuseum an. Für alle, denen die Vorfreude auf das kühle Nass im Moment wichtiger ist, geht es an zahllosen Wassersport­heimen, Angelclubs und Segel-Vereinigungen vorbei direkt zum Großen Malchsee mit seinen prächtigen Villen. Hier lässt sich besonders gut beobachten, dass Berlin nicht nur aus Plattenbausiedlungen und Mietskasernen besteht, und für einen kurzen Moment fühlt man sich wie zum Starnberger See versetzt. Im Vorbeifliegen an den opulenten Behausungen gewahrt der ein oder andere vielleicht noch die „Dicke Marie“, mit angeblich über 900 Jahren Berlins ältester Baum, die mit ihren üppigen Formen schon dem alten Goethe Schatten gespendet haben soll.

Den Radpiktogrammen folgend geht es nun am Tegeler See auf einem herrlichen Uferkiesweg entlang Richtung Konradshöhe. Hier, wo sich Havel und Tegeler See treffen, laden zahlreiche kleine Badebuchten mit Bänken zum Picknicken und Abkühlen ein. Wer seine Stullen wieder mal vergessen hat, den versorgt eines der zahlreichen Ufercafés mit den nötigen Kalorien.

Den gemütlichen Uferweg verlässt man nun alsbald, um sich auf der ruhigen Sandhauser Straße Richtung Heiligensee zu orientieren, der nicht zu verwechseln ist mit dem gleichnamigen Potsdamer Gewässer. Hier bietet sich noch eine vortreffliche Möglichkeit, sich im Freibad zu erfrischen. Da aber der See auch aus der Havel gespeist wird, könnte man auch darauf verzichten und sich lieber an dem sehenswerten Dörfchen Heiligensee selbst erfreuen.
Genug geradelt und genossen? Dann steigt man in Schulzendorf in die S-Bahn und fährt erfrischt und um eine Erfahrung reicher heim. Wer unvollendete Rundtouren schwerlich erträgt, folgt der Ruppiner Chaussee parallel zur Stadt­autobahn durch Wald und Flur, um am Waidmannsluster Damm wieder am Ausgangspunkt in Tegel anzulangen.

Foto C. Guszewski