MÖGLICHKEITEN UND HINDERNISSE

Barrierefrei leben in Berlin

Berlin ist auf dem Weg zu einer barrierefreien Großstadt.
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Wer ein Handicap hat oder altersbedingt nicht mehr so gut zu Fuß ist, muss sich vor dem Umzug in eine neue Stadt genau erkundigen, wo es barrierefreie und behindertengerechte Zugänge gibt und wo mögliche Hindernisse lauern. Deutschlands Hauptstadt hat sich das Motto „Berlin ist für alle“ auf die Fahne geschrieben und arbeitet stetig daran, den Leitsatz umzusetzen. Nicht umsonst gehört Berlin zu den besten barrierefreien Städten Europas. Doch trotz großer Bemühungen ist noch nicht alles perfekt.

Mit Handicap durch die Stadt

Für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung ist es nicht immer einfach, sich ohne Komplikationen durch eine Großstadt wie Berlin zu bewegen. Doch Deutschlands Hauptstadt tut einiges dafür, dass sich alle Menschen gut zurecht finden.

Mit Hilfe von Rillenplatten am Boden können sich Menschen, die blind sind oder nur sehr schlecht sehen, an den Kreuzungen und Fußgängerüberwegen orientieren und finden sich somit in der Stadt zurecht. Die Ampeln sind an vielen Stellen mit speziellen Drückern ausgestattet, die Blinden mit einem akustischen Signal anzeigen, wann die Ampel grün ist.

Problem mit alten Stadtbezirken

Mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln fahren

Die Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind komplett barrierefrei und bieten ausreichend Platz für Rollstühle und Rollatoren. Gleiches gilt für die Fähren. Es gibt nur zwei Ausnahmen: die Ausflugslinie 218 und das Ruderboot der Fährlinie F24.

In den Bussen sorgen die Fahrer mit den rausklappbaren Rampen für einen barrierefreien Einstieg in die Fahrzeuge. Die BVG-Doppeldecker-Busse haben im Multifunktionsbereich Platz für zwei Rollstühle.

In die Straßenbahn gelangen gehbehinderte Menschen über einen Hublift oder eine Klapprampe, die an der vorderen ersten oder zweiten Tür angebracht ist. Große Piktogramme leiten zur richtigen Tür, an der dann die Fahrgastbegleiter weiterhelfen.

Ein besonderer Service in Berlin: Wer als Fahrgast der BVG und der S-Bahn unterwegs ist und gehbehindert ist oder im Rollstuhl sitzt, kann sich vom Fahrgastdienst des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg kostenlos durch die Stadt begleiten lassen. Der Service gilt montags bis freitags zwischen 7 und 20 Uhr für das gesamte Berliner Stadtgebiet. Die Anmeldung muss mindestens einen Tag vor der geplanten Fahrt erfolgen.

Die Fahrt mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln ist weitestgehend barrierefrei.
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Etwas problematischer kann es werden, wenn man auf den Rollstuhl angewiesen ist und eine Fahrt mit dem Zug ansteht. Damit man barrierefrei einsteigen kann, muss man einen Tag im Voraus am Serviceschalter eine Einstiegshilfe reservieren. Allerdings steht nicht an jedem Bahnhof zur gewünschten Zeit auch das Personal zur Verfügung, um die Rampe anzubringen. Das führt unter Umständen zu gewissen Einschränkungen, was die möglichen Fahrtzeiten angeht.

Dazu kommt, dass die Einstiege für Rollstuhlfahrer nicht immer gekennzeichnet sind. Auch kaputte Aufzüge sind ein Hindernis, wenn sie den einzigen Zugang zu den Gleisen darstellen.

Öffentliche Toiletten nutzen

Wer sich während seiner Tour durch Berlin erleichtern muss, kann dafür eine der zahlreichen barrierefreien öffentlichen Toiletten nutzen. Die öffentlichen Toiletten der Wall AG wurden 2008 für ihre gleichberechtigte Nutzerfreundlichkeit mit dem Signet „Berlin barrierefrei“ ausgezeichnet.

Barrierefrei die Metropole erkunden

Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung wird es so leicht wie möglich gemacht, sich in Berlin zu orientieren. Dazu trägt die kostenlose App „accessBerlin“ bei. Sie zeigt auf einer Karte entlang mehrerer Routen an, wo es in Berlin Sehenswürdigkeiten, Restaurants, Hotels und weitere Kategorien mit barrierefreiem Zugang gibt. Die Kategorien können über eine Filterfunktion ausgewählt werden. Dazu gehören auch öffentliche Toiletten, Nahverkehr und Shoppingangebote. Die App ist immer auf dem neusten Stand und zeigt beispielsweise auch an, wenn ein Fahrstuhl kaputt ist. So ist es jederzeit möglich, selbst mit einem Handicap ohne Hindernisse die Stadt zu erkunden.

Barrierefreies Wohnen

Ob Wohnung oder Haus: Für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung bietet Berlin gute Möglichkeiten, barrierefrei zu wohnen.

Eine rollstuhlgerechte Wohnung finden

In Berlin gibt es in vielen Bezirken Wohnungen, die auf die besonderen Ansprüche von Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung ausgerichtet sind und ihnen ein barrierefreies Leben ermöglichen. Wer nach einer solchen Wohnung sucht, kann den Auskunfts- und Informationsservice nutzen, den das Projekt Mobidat anbietet. Seit mehreren Jahrzehnten setzt sich das Projekt für ein barrierefreies Leben in Berlin ein.

Für wohnungssuchende Menschen, die im Rollstuhl sitzen, hat das Projekt eine spezielle Datenbank mit rollstuhlgerechten Wohnungen eingerichtet. Über diese Datenbank können Wohnungssuchende freie Wohnungen in den Berliner Stadtbezirken finden und bei Interesse direkt den Wohnungsanbieter kontaktieren. Dadurch ist es für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung einfacher, eine Wohnung zu finden, die zu ihren Bedürfnissen passt.

In vielen Bezirken Berlins gibt es barrierefreie Wohnungen.
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Ein barrierefreies Haus bauen

Wen es nicht unbedingt Mitten in die Stadt zieht, sondern mehr in die ländlichere Umgebung Berlins, ist nicht auf eine Wohnung angewiesen, sondern kann alternativ auch ein Haus bauen. Extrabreite Türen und Flure sowie rollstuhlgerechte Räume machen das Haus barrierefrei. Ein Treppenlift und Rampen für die Haus- und Terrassentür ermöglichen einen problemlosen Zugang zu allen Bereichen des Hauses.

Noch unkomplizierter ist es, das Haus im Bungalow-Stil zu bauen und damit ganz auf Treppen zu verzichten. Diese Art zu bauen lässt sich, wie bei anderen Häusertypen auch, als Massivbauweise oder wahlweise als Fertighaus realisieren. Die Planung eines solchen Bungalows kann auf vielfältige Weise umgesetzt werden und richtet sich dadurch ganz nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen. Ein großer Pluspunkt eines Bungalows ist die absolute Barrierefreiheit, die das Wohnen auch für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung komfortabel macht.

Dazu kommt Tatsache, dass es sich jederzeit erweitern und umstrukturieren lässt, da es keine tragenden Wände gibt, die beim Umbau beachtet werden müssen. So kann man recht unkompliziert Räume hinzufügen oder bestehende Räume umstrukturieren und damit das gesamte Haus an die jeweils aktuellen Bedürfnisse anpassen. Durch eine Unterkellerung ist es auch möglich, bei Bedarf eine zweite Ebene zu errichten, die über einen Treppenlift und andere technische Möglichkeiten ebenfalls Barrierefreiheit gewährleistet.

Rollstuhlgerechte Restaurants

In Berlin gibt es zahlreiche Restaurants, die als barrierefrei ausgewiesen sind. Auf Internetseiten wie der Homepage von Mobidat gibt es eine entsprechende Liste, die mit Suchkriterien angepasst werden kann. So kann man sehen, welche Restaurants für Rollstuhlfahrer geeignet sind und welche sich zusätzlich auf hör- und sehbehinderte Menschen eingerichtet haben.

Auch andere öffentliche Gebäude und Einrichtungen wie Hotels, Museen oder Kinos sowie Sonderparkplätze lassen sich in der Suchmaske auswählen. Außerdem kann man die einzelnen Restaurants auf der Internetseite bewerten, sodass andere Nutzer sehen können, wie barrierefrei ein bestimmtes Restaurant für verschiedene körperliche Beeinträchtigungen tatsächlich ist.

Beispielsweise sind die Eingänge oder der Zugang zu den Toiletten in manchen Restaurants nur bedingt für Rollstuhlfahrer geeignet, dafür können sich Rollstuhlfahrer in anderen Restaurants komplett eigenständig bewegen. Einige Restaurants bieten zudem Orientierungshilfen und Zugänge für sehbehinderte und blinde Menschen.

Barrierefreies Feiern in Berlin

Seit über zehn Jahren ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass alle neugebauten Clubs in Berlin barrierefrei sein müssen. Allerdings sind nicht alle Clubs, die als barrierefrei ausgezeichnet sind, auch tatsächlich so konzipiert, dass sich jemand mit einer körperlichen Beeinträchtigung dort vollkommen eigenständig bewegen kann. Extrabreite Türen und Durchgänge allein machen eben noch keine Barrierefreiheit. Gemäß des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt ein Ort erst dann als absolut barrierefrei, wenn die betreffende Person auf keine weitere Hilfe angewiesen ist.

Um zum Außenbereich eines Clubs zu gelangen, muss man in manchen Clubs in Berlin einen Vorhang aus Plastikstreifen beiseiteschieben. Für Rollstuhlfahrer ist das allein kaum zu bewältigen. Wer nicht immer wieder das Personal um Hilfe bitten möchte, muss eine Begleitung mitnehmen. Denn abgesehen von Hürden wie einem Vorhang, muss immer erst das Personal den Schlüssel aushändigen, wenn jemand die Behindertentoilette oder den Aufzug benutzen möchte. Über den Aufzug gelangt man mit dem Rollstuhl auf die verschiedenen Dancefloors der Clubs. Manche Floors sind aber nur über Rampen mit dem Rollstuhl zu erreichen, die erst jemand auf die Stufen legen muss.

Insgesamt sind viele Clubs für körperlich beeinträchtigte Menschen zugänglich, teils aber nur mit Hilfe. Dennoch hat Berlin in dieser Hinsicht noch Nachholbedarf. Auf der Internetseite Wheelmap haben Rollstuhlfahrer markiert, welche Clubs ihrer persönlichen Erfahrung nach barrierefrei sind. Von 185 Clubs sind das gerade einmal 33, wobei von der Hälfte der Clubs bislang kein Zugänglichkeitsstatus bekannt ist.