BERLIN

Berlin, dein Verkehr

Bis 2050 klimaneutral sein: So stellt sich die Stadt ihre Zukunft vor. Aber nur mit großen Zielen ist es nicht getan – es müssen Taten folgen. Klimaneutralität bedeutet weniger Fahrzeuge auf den Straßen, weniger CO2-Emissionen, mehr CO2-Aufnahme, mehr Grün. Dafür bedarf es vieler Veränderungen, die sowohl die Stadt als auch ihre Bürger betreffen. Und alles ist miteinander verknüpft: Weniger Privatautos bedeuten mehr Transportaufkommen für die öffentlichen Verkehrsmittel und das nicht nur im Stadtinnern, sondern auch in den Randbezirken.

Berlins Verkehrsadern brauchen ein Update. Platz für Radfahrer, ein besserer Ausbau des ÖPNV und eine Erleichterung der Straßen. Aber wie?
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Aktuell lässt die Lage das nicht zu. Fahrradwege werden nur schleichend ausgebaut, der ÖPNV bedient nicht alle Ecken und Enden und das Leben ohne Auto ist nicht immer so einfach, wie es klingt – selbst in der Stadt mit einem der dichtesten öffentlichen Verkehrsnetze Deutschlands nicht. Dazu kommt die Gewalt an den U-Bahnhöfen, die ein mulmiges Gefühl verursachen, denkt man an die Abhängigkeit dieser Verkehrsmittel. Ein Blick auf den Ist-Zustand und was davon zu erwarten ist.

Berlin, die Stadt, in der man kein Auto mehr braucht – so heißt es so häufig mit einem Verweis auf die hervorragenden und dicht ausgebauten öffentlichen Verkehrsmittel. Aufgrund der Größe der Stadt und des hohen Transportaufkommens muss das auch so sein – wie sollen sonst 3,5 Millionen Einwohner und die unzähligen Besucher von A nach B kommen? Autos würden die Stadt über die Maße belasten und so ist es auch gut, dass die Berliner Verkehrsbetriebe schon früh mit dem Ausbau angefangen haben: Berlin hat eines der ältesten und dichtesten Netze heute. Dennoch heißt es nicht, dass sich darauf auszuruhen ist. Die Stadt wächst, steigende Einwohnerzahlen bedeuten die Erschließung neuer Quartiere, die dringend ans öffentliche Netz angeschlossen werden müssen und auch das höhere Pendleraufkommen müsste effizienter bewältigt werden, wenn der Transport in der Stadt weiter reibungslos funktionieren soll oder vielmehr langfristig eine weitgehende Problemlosigkeit erreichen möchte. Natürlich ist nie Stillstand am Schienenverkehr – aktuell wird beispielsweise großflächig ausgebessert und erneuert. Das ist allerdings ein ständiger Kampf, ein Nachlaufen und ein Nicht-Fertig-Werden. So lange aber ist Stillstand bei den Erweiterungen.

Auch an anderen Stellen hakt es. Fahrradfahrer, Autofahrer, Auto-Parker und auch Fußgänger möchten gerne ihren Platz im Verkehrsnetz durchsetzen. Oft kollidieren die Vorstellungen davon, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Das bremst auch die Politik aus, die zwischen Lobby, Bürgern und Kostenvoranschlägen steht und nicht weiß, wo sie anfangen soll. Was heißt das für den Berliner Verkehr? Wo ist wirklich was zu tun und wo ist es vielleicht dringlicher als anderswo? Um das zu verstehen, muss der Ist-Zustand unter die Lupe genommen werden.

Der Ist-Zustand – Ein kritischer Blick

Kollidierende Vorstellungen, entgegenstehende Ansprüche und gegensätzliche Ansichten: Der Berliner Verkehr ist viel diskutiert und oft gefragt. Ganz verschiedene Parteien nehmen daran teil.

  • Autofahrer,
  • Radfahrer
  • und auch Fußgänger

suchen ihren Platz im Straßenverkehr. Und noch weitere Parteien mischen mit:

  • Die rot-rot-grüne Regierung,
  • die Autolobby,
  • die VBB,
  • die BVG.

Nicht alle folgen dabei derselben Meinung, oft stehen sie eher im Gegenteil zueinander. Jedes Mitglied beharrt auf den eigenen Vorstellungen und sieht sich selbst im Recht – das wissen die meisten schon aus eigener Erfahrung, wenn sie mal auf dem Rad und im Auto unterwegs waren. Der Radfahrer auf der Straße ist eine Bremse, das Auto hingegen fährt viel zu dicht auf und ist im schlimmsten Fall ein gefährlicher Gegner. Dabei geht es ohne beide nicht, die Stadt braucht sowohl Radwege als auch Platz für Autos – ein kompletter Verzicht auf Pkw funktioniert schließlich nicht, die Berliner wollen sowohl mit Post und Paketen als auch mit Lebensmitteln versorgt werden und auch die Arbeitnehmer aus dem Umland müssen morgens irgendwie an ihren Schreibtisch kommen. Die Fahrradfahrer hingegen auf den ÖPNV zu verlegen wäre ebenfalls ungeschickt: Das System ist so schon überlastet, noch mehr Passagiere wären gerade zu Stoßzeiten unangebracht. Hier ist vorher nachzubessern – aber alles auf einmal funktioniert nicht. Auch beim Verkehrsausbau müssen Prioritäten gesetzt werden. Wo müssten diese aktuell liegen?

Die Öffis

Die Öffentlichen Verkehrsmittel sind Herzstück des Berliner Verkehrs. Mit der S-Bahn ins Umland, mit der U-Bahn von einem zum anderen Ende der Stadt und mit Bus und Tram im Innenstadtbereich hin und her – so die Theorie. Die Praxis sieht besonders für Pendler täglich anders aus. Viele S-Bahnen fallen aus, kommen zu spät oder sind so überfüllt, dass kein Platz mehr für die Gäste einer Haltstelle bleibt. Zwischen Januar und Oktober 2016 gab es jeden Monat durchschnittlich 211 Infrastrukturstörungen, das Ergebnis eines alternden Öffi-Netzes.

Die Berliner U-Bahn besteht schon seit 1902 und ist – gemessen an Streckenlänge und Anzahl der Stationen – die größte im deutschsprachigen Raum. Trotzdem reicht es für Berlin noch nicht aus.
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Die Wägen sind nicht mehr die neusten, viele Spuren werden nur eingleisig geführt, was Züge in beide Richtungen beeinflusst und dazu führen kann, dass ein Zug, der eigentlich pünktlich ist, eben doch nicht pünktlich fahren kann, weil die Strecke noch belegt ist. Darunter leiden vor allem die Pendler – zu Stoßzeiten sind die Züge ohnehin chronisch überfüllt, kommt dann noch einer zu spät oder gar nicht, bedeutet das weitere Verzögerungen, die auf den überfüllten Bahngleisen für Unmut sorgen. Ähnlich sieht es mit den Baustellen am Straßennetz aus, die häufig unterirdisch ausgeführt werden und damit das U-Bahn-Netz belasten. 270 andauernde Langsamfahrstellen im Februar 2017 bremsen das ohnehin schon belastete Netz noch zusätzlich aus.

In den weiter außerhalb gelegenen Bezirken hingegen fährt teilweise nur ein Bus – zweimal am Tag. Wer hier in die Stadt will, braucht ein Auto, vor allem wenn es pünktlich zur Arbeit gehen soll. Häufig fahren die Pendler dann in die nächstgelegene Ortschaft, die eine Schienennetzanbindung hat. So weit so sinnvoll. Dazu kommen aber noch alle die, die ihren Heimatbahnhof in Brandenburg eben auch gerade so in der Tarifzone C wiederfinden. Diese versuchen der finanziellen Mehrbelastung durch geringen Aufwand zu entgehen – und nehmen kurzerhand das Auto, um zur nächsten Haltestelle über die Stadtgrenze zu fahren, wo mit dem AB-Ticket bereits in die Innenstadt gefahren werden darf. Das Ergebnis: Zugeparkte Vororte und verärgerte Anwohner. Auch hier ist also Nachbesserungsbedarf und deutlicher Drang zur Erweiterung – der Tarifzonen wie auch der Strecken, auch wenn gerade die Tarifzonen-Erweiterung ein umstrittenes Thema ist, die laut VBB ein Loch in die Kasse reißen würde.

Auf der anderen Seite ist es jedoch so, dass die, die es nach draußen zieht, auch irgendwie mit ihrer Entscheidung leben müssen. Günstigere Mieten, ruhigeres Leben, schlechtere Anbindung – Nachteile gibt es immer, doch entstehen gerade in Berlin durch das Verlassen des engen Stadtgebietes gleich multiple davon. Die Entscheidung ist also komplex, eine Erweiterung des Schienennetzes und eine verbesserte Situation für alle Öffi-Pendler würde das erleichtern, die Stadt entzerren und damit zeitgleich eine Entspannung an der „Autofront“ bedeuten. Denn auch da ist nicht alles rosig.

Und noch ein weiterer Punkt ist aufzugreifen, wenn es um die Öffis geht. Nicht mehr alle U-Bahnhöfe sind sicher und sorgenfrei betretbar. Besonders nachts gibt es teilweise unbegründete Übergriffe, wie der Tritt die Treppe hinab oder die Brandstifter des Obdachlosen, die ihr Opfer wahllos aussuchen und einfach etwas anrichten wollten. Die Gewalt nimmt zu, damit auch das mulmige Gefühl, wenn man sich nachts zur Haltestelle begibt und nicht weiß, wer im Untergrund vielleicht auf einen wartet. Komfortabel? Ist anders.

Fahren und Parken in Berlin

Die Straßensituation ist nicht viel entspannter. Ganz im Gegenteil: Berlin ist Staustadt, besonders donnerstags und zu Stoßzeiten. Die Verkehrsinformationszentrale Berlin gibt stets aktuelle Informationen raus – dabei fällt allerdings immer auf, dass ein großer Teil der Stadt häufig rot und gelb, also mit Staugefahr oder Stau belegt ist. Noch dazu kommt das Parken, das in vielen Kiezen eine wahre Zerreißprobe ist.

Mitnutenlang umher fahren zum Parkplatzfinden ist für viele Alltag, da die Zahl der Parkplätze für die Bewohner schlicht nicht ausreicht. Das Ergebnis sind kreative In-der-zweiten-Reihe-Parker oder Freihalteversuche des Stammparkplatzes, obwohl viele dieser Möglichkeiten nicht mal legal sind. So muss auch beim Parken auf Supermarkt Parkplätzen mit Strafzetteln gerechnet werden und auch wer das Carsharing-Fahrzeug falsch abstellt, muss die Kosten dafür tragen. Heißt im Umkehrschluss: In innerstädtischen Wohngebieten ist das Auto durch die Parksituation oft eine zusätzliche Belastung, da die Parkplatzsuche und der Stau vor der Haustür zur Nervensache werden und ständig ein unsicheres Gefühl mitspielt, wenn das Auto vor der Haustür steht.

Die Straßensituation ist schon ohne Baustellen angespannt genug. Nun ist die Frage, ob Fahrspuren zu Radwegen verwandelt werden sollen und wie der Konflikt Autofahrer – Radfahrer in Zukunft bereinigt werden soll.
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Für alle, die weiter außerhalb wohnen und mit dem Auto täglich in die Stadt fahren – weil die Bahnanbindung nicht stimmt, die Arbeitszeiten mit den Fahrplänen nicht in Einklang zu bringen sind oder aus purer Bequemlichkeit – haben hingegen in der Regel „nur“ das Stauproblem, wobei je nach Firmenlage auch ein Parkplatz-Handicap dazu kommt. Dafür ist zu Hause die Parksituation ganz entspannt. Auch wenn es sich bei Wartezeiten und Stauumfahrung um keine großen, weltbewegenden Probleme handelt und auch die Fahrtzeit-Routine irgendwann ganz festsitzt, ist doch die Frage, ob es unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit so weitergehen kann. Die Stadt will klimaneutral werden. Maßnahmen wie Mauterhöhung, Erhöhung der Parkgebühren und Verknappung der Straßen kommen da ins Gespräch. So soll die Straße Unter den Linden auf Dauer autofrei werden. Fahrräder, die mehr Platz benötigen, sollen dafür eine Fahrspur reserviert bekommen. Dass die Knappheit auf der Straße auch dadurch kommt, dass in den Einkaufsstraßen in der zweiten Reihe gestanden wird, ist dabei nicht mit einbezogen.

Es zeigt: Das ist gar nicht so leicht. Die Straßen sind den Deutschen – wie auch ihr Auto heilig. Zwar geben immer mehr Berliner ihr Fahrzeug ab, die Frage, ob das Fahrzeug wirklich nicht mehr nötig ist, bleibt aber. Klar, Carsharing ist eine Möglichkeit und auch die Erweiterung dieses Netzes spielt den Autolosen in die Hände. Die Bequemlichkeit aber, die Mobilität und das gute Gefühl, jederzeit weg zu kommen, bleiben auf der Strecke – auch, weil es beim Ausbau der Radwege hakt.

Rad fahren – sicher ist anders

Vor nicht allzu langer Zeit verklagte die Initiative Volksentscheid Rad den Senat wegen Untätigkeit in Sachen Radverkehrsgesetz. Dieses will die Situation der Radfahrer in Berlin verbessern – und wurde abgelehnt. Auch Pläne zum Radschnellweg wurden gekippt, zu wenig feste Mittel ständen dafür zur Verfügung, zu wenig konkrete Pläne zur Kostenplanung. Stattdessen sollen die Autospuren in der Stadt verknappt werden, damit die Radfahrer mehr Platz haben, sich sicherer und vor allem schneller durch die Stadt bewegen können. Denn weder Ampelwartezonen noch feste Radwege gibt es überall, wo sie gebraucht würden – Features, die es in anderen Städten und vor allem Hauptstädten schon lange gibt. Radfahrer kämpfen weiter für ein sichereres Radweg-Netz.

Auch hier ist die Stadt natürlich dran. Das Netz der Fahrradwege soll dichter werden und auch die Radschnellwege sollen auf Dauer gebaut werden, wenn denn mehr zur Streckenplanung und den Kosten bekannt ist. Denn wenn weder die Bahnen das hohe Pendleraufkommen stemmen können und Autos in der Stadt eigentlich weiter verknappt werden sollen, ergeben sich Mobilitätsprobleme: Den Radfahrern und denen, die es werden sollen und wollen, müssen Alternativen geboten werden, Wege auf denen sie schnell vorankommen und wo das Radfahren sicher ist.

Aber auch hier ergeben sich beim Bau wieder Schwierigkeiten, die nicht nur finanzieller Natur sind. Wo sind die Wege zu bauen? Wer kann auf den zusätzlichen Platz verzichten? Die aktuell vollen Straßen jedenfalls eigentlich nicht, genau so wenig kann den Fußgängern Weg genommen werden. Also ist es eine Schritt für Schritt Aktion – erst weniger Autos und zeitgleich den Ausbau der Radwege, so dass die Autofahrer problemlos umsteigen können. Aber wie sind Autofahrer davon zu überzeugen, ihr Fahrzeug stehen zu lassen? Manche möchten die Dieselsteuer weiter erhöhen, damit zumindest die umweltbelastenden Fahrzeuge aus der Stadt draußen bleiben müssen, andere möchten die Maut auf der Stadtautobahn hochschrauben, um so viele Fahrzeuge wie möglich aus dem Innenstadtbereich rauszuhalten. Andere wiederum schlagen eine Erhöhung der Parkgebühren vor, wobei auch hier wieder neue Probleme entstehen würden. Was machen dann die Anwohner, die vielleicht auf das Auto angewiesen sind, die kein Rad fahren können oder wollen? Denen muss ein Platz im ÖPNV gesichert werden – hier sind also weitere Maßnahmen verpflichtend, es ist ein einziger Rattenschwanz.

Das Rad ist in großen Städten oft eine gern gesehene und genutzte Alternative, um individuelle Wege zurück zu legen. Problematisch wird’s, wenn es an Radwegen und damit auch der Sicherheit der Radfahrer mangelt. In Berlin gibt es derzeit stetig neue Pläne, umgesetzt wurde bisher aber keiner von ihnen.
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Eine Prioritätenfrage

Aber wo sollten da die Prioritäten liegen? Wo kann zuerst verknappt werden? Nun, sinnvoll sind die Straßen: 40 Prozent der Berliner Haushalte haben kein Auto. Ihnen reichen Carsharing, das Rad oder die Öffis. Die Pendler hingegen sind die, die dann eine zusätzliche Belastung für den VBB darstellen. Hier müssen also mehr Wagen in den Öffis gestellt werden, Fahrzeiten enger getaktet werden, damit sich die Wartezeiten deutlich verkürzen. Dann erst können mehr Menschen auf das Auto verzichten und stattdessen die Öffis nutzen. Wenn dann weniger Autos auf der Straße sind, können die Radwege ausgebaut werden, der Platz auf der Straße wird nachverdichtet.

Probleme stellen auch die Übergangszeiten dar, die laufenden Kosten und die Belastung für andere Strecken in der Stadt, wenn zwischendurch Stammrouten wegfallen. Eine Erstverschlimmerung gehört also vermutlich dazu. Das Geheimnis heißt trotzdem: Anfangen! Denn wo nichts gemacht wird, ist Stillstand, die Bahnstrecken werden weiter nur ausgebessert wo es notwendig ist, die Radfahrer streiten sich weiter mit der Politik und die Autofahrer wissen nicht wo sie fahren und wo sie parken sollen.

Dazu braucht es einen konkreten Plan. Wann wird was gemacht, wo wird zuerst gebaut und wann ist was fertig? Das war das, was die Rad Aktivisten beim Gesetzes-Entwurf störte, für dessen Liegenlassen sie den Senat verklagt hatten: Keine konkreten Termine, sondern nur schwammig formulierte Maßnahmen. In einer so großen Stadt mit komplexem Verkehrssystem und hohem Transportaufkommen braucht es Pläne und Zeitplanungen, die den Ausbau erst möglich machen und in eine Form pressen. Nur so werden auch die Verkehrsteilnehmer Verständnis aufbringen und sich für die Zeiten des Umbaus mit der Situation abfinden – schließlich sind sie Teil einer ehrgeizigen Stadt, die große Pläne hat.

Klimaneutrales Berlin?

Denn das hat die Hauptstadt mit großer Sicherheit: Bis 2050 will sie klimaneutral werden. Dazu gehören viele Faktoren: Verkehr, Stromverbrauch, Emissionen. Aber auch CO2-Aufnahme und Begrünung in der Stadt, die aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums nach wie vor verdichtet wird, müssen mit in den Plan des klimaneutralen Berlins einbezogen werden. Das ehrgeizige Ziel ist aber klar – Aufschluss zu den Maßnahmen und Möglichkeiten liefert die Machbarkeitsstudie der Stadtentwicklung Berlin.

Quelle: Stadtentwicklung Berlin

Diese kommt klar zu dem Ergebnis, dass die Stadt bis 2050 ihre CO2-Emissionen des Jahres 1990 um 85% reduzieren könne. Das ist das definierte Ziel des Klimaneutralitätsprojekts, welches laut der Studie auf mehrere Arten erreicht werden kann. Einer führt dabei über mehr Energieerzeugung in der Stadt durch Nutzung von Solarenergie und Fernwärme. Außerdem setzt die Stadt bei der Umsetzung auch klar auf den Bürger. Wenn das Ziel in die öffentliche Politik mit aufgenommen wird, kann jedem Bürger gezeigt werden, wie attraktiv die Leitziele des Projektes auch für ihn und sie selbst sind. Das erhöht die Motivation, auch selbst aktiv dazu beizutragen.

Das ist eine der nötigen Maßnahmen, die letztendlich zur Erreichung des Ziels beitragen. Außerdem kommt die massive Erweiterung der Solarenergie hinzu, mehr und mehr Gebäude sollen weiter energiegerecht saniert werden. Der Verbraucher soll außerdem seine Haushaltsgeräte austauschen und sein Verhalten anpassen, damit auch in den Privathaushalten Energie eingespart werden kann. Auch in der Wirtschaft sieht die Studie Potentiale. Wenn Unternehmen und Industrie mitziehen, in neue Anlagentechnik und effizientere Technologien investieren, könnten bis 2050 20 bis 50 Prozent des Endenergiebedarfs der Berliner Wirtschaft eingespart werden. In Kombination mit erneuerbaren Energien läge das Einsparpotential der CO2-Emissionen dann bei 90 Prozent.

Im Verkehr soll dann weiterhin alles unter dem Motto „Stadt der kurzen Wege“ laufen, was in Berlin durch die polyzentrische Struktur besonders gut umzusetzen sei. Mit der Verlegung der Pkw-Nutzer auf ÖPNV, Fuß- und Radverkehr und einer weiteren Dekarbonisierung der Fahrzeuge ließen sich so knapp 60 Prozent des Endenergieverbrauchs und 90 Prozent der CO2-Emissionen einsparen.

Diese Möglichkeiten und Maßnahmen könnten insgesamt dann zu einer deutlichen Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks der Stadt führen. Das ist essentiell für die Zukunft des Planeten. Mit der fortschreitenden Urbanisierung wachsen die Städte ganz automatisch – rund um den Globus. Inzwischen leben 50 Prozent der Menschheit in Städten, in westlichen Ländern sind es sogar 75 Prozent. Damit hat gerade die Politik der Städte einen maßgeblichen Einfluss auf den Umweltschutz. Wenn dort nicht begonnen wird, wo dann?

Neben Berlin haben auch andere Großstädte ihre Verantwortung erkannt und arbeiten an der Reduzierung ihrer CO2-Emissionen. Mit dabei:

  • New York mit einer geplanten Reduzierung von 30 Prozent bis 2030,
  • Amsterdam mit einer Reduzierung von 40 Prozent bis 2025,
  • Rotterdam will bis 2025 um 50 Prozent reduzieren
  • und Kopenhagen sogar um ganze 100 Prozent und die volle Klimaneutralität erreichen.
Um die Ziele der klimaneutralen Stadt zu erreichen, muss vor allem am Verkehr etwas getan werden. Mögliche Maßnahmen sind der Ausschluss von Dieselfahrzeugen oder der massive Ausbau der Elektromobilität. In jedem Fall aber müssen der ÖPNV und das Radwegenetz ausgebaut werden, damit den Pkw-Nutzern eine Alternative geboten wird.
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Ausblick und Fazit

Berlin hat Ziele und muss dafür etwas ändern. Energie einsparen, die CO2-Emissionen deutlich verringern und dazu auch den Verkehr anpassen. Ausgebaute Netze für Radfahrer und den ÖPNV sollen dazu beitragen – was bei genauer Betrachtung der aktuellen Situation auch dringend notwendig ist, um das Transportaufkommen in der Stadt reibungsloser zu bewerkstelligen. Aktuell sind die Maßnahmen aber noch unklar, auch wenn feststeht, dass eine Besserung der Lage folgen soll und muss. Jetzt müssen konkrete Pläne mit Zeitangaben folgen, damit die Berliner sich auf die Veränderungen einstellen können. Besonders die Pendler sitzen in der Zwischenzeit in der Zwickmühle: Die maroden, überfüllten und chronisch zu späten Öffis nehmen oder mit einem schlechten Gewissen und Zeitverzögerung durch Staus das Auto in die Innenstadt nehmen? Hier sind Alternativen zu schaffen, damit die Verkehrssituation im schönen Berlin sich entspannt und alle wieder stressfreier von A nach B komme können. Das freut auch die Umwelt, die nebenbei noch für weniger Belastung danken wird.