Für Feuchtgebiete

Berlins ‚Bessermacher‘ : Trinken

Neukölln: Es ist nur ein feiner Strahl Wasser, der von April bis Oktober aus einer Kreuzung sprudelt, doch für die Menschen vom Verein a tip: tap ist er eine Revolution. Der Strahl kommt aus einem Trinkbrunnen an der Ecke Weichselstraße/Hobrechtstraße, er fliegt ein Stückchen durch die Luft und fällt dann leise plätschernd durch ein Eisengitter.
Samuel Höller ist der Gründer von a tip: tap. Der 32-Jährige und seine 15 Mitstreiter haben den Brunnen aufgestellt. „Es ist völliger Irrsinn, Wasser in Flaschen zu kaufen, aus fernen Gegenden, während es in genauso guter Qualität hier überall fließt“, sagt Höller. Das Beste sei: „Leitungswasser ist so gut wie umsonst!“ Nur nicht für Höller und seine Mitstreiter. Sie müssen jedes Jahr 3.600 Euro zusammenkriegen, die die Wasserbetriebe für die Wartung des Brunnens wollen. Spenden und EU-Fördergelder tragen das Projekt.
Wasser gilt als Luxusgut der Zukunft. Es soll Kriege geben darum. Höller will es kostenlos zugänglich machen, damit das Müll­aufkommen und der beim Transport entstehende CO2-Ausstoß minimiert werden. „Jeder Nutzer unseres Brunnes trinkt zum Umweltschutz bei!“, sagt er. Die Wasserbetriebe haben noch mehr solcher Brunnen, 19 insgesamt. Aber damit ist Berlins Durst nicht gestillt.
Eine Karte im Internet soll Abhilfe schaffen. In Kombination mit Aufklebern an Geschäften, in denen man kostenlos Leitungswasser bekommt. Doch das Projekt ist nicht sonderlich weit, vorerst bleibt nur der Brunnen in Neukölln. „Wie man ästhetisch daraus trinkt, hab ich noch nicht raus“, sagt Höller. Er legt die Hände auf die Oberschenkel, beugt sich nach vorn, dreht den Kopf, schluckt. „Ahh“, sagt er, während Wasser von seinem Kinn tropft. In Blindtests, die a tip: tap regelmäßig veranstaltet, schmeckt den meisten das Wasser aus der Leitung besser als aus der Flasche. „Ein bisschen unfair, Leitungswasser ist ja auch nicht abgestanden, sondern immer frisch und kalt.“ Martin Schwarzbeck

Erfolgschance: 2/10
Die Mineralwassermultis wie Nestlé und Coca-Cola sind ernst zu nehmende Gegner. Flaschenwasser ist weltweit auf dem Vormarsch.
www.atiptap.org