"Die Komplizen"

Die Paten

Ehrenamtliche Arbeit boomt – auch im Bildungsbereich. Lesepaten führen an Bücher heran,
Kunstpaten an die Kultur und „Die Komplizen“ unterstützen Schüler bei der Berufswahl

Theresa Wass muss lachen, als sie von ihrer ersten Begegnung mit Guido Jansen erzählt. „Ich war überrascht und schockiert“, sagt die 18-Jährige. Ein Jahr lang war Jansen Theresas Mentor, traf sich jeden Monat mit ihr, gab Ratschläge für sich abzeichnende Ausbildungsideen, arbeitete mit ihr an Lebensläufen oder zeigte ihr seinen Arbeitsplatz. Nun sitzen sie in einem Café in Mitte und so entspannt, wie sie miteinander umgehen, scheint der erste Schock längst überwunden. Damals hatte Theresa mit einem Mentor aus dem medizinischen Bereich gerechnet, schließlich wollte sie Ärztin werden. Jansen aber ist Projektmittler am British Council in Berlin, dem britischen Pendant zum Goethe-Institut.
Zusammengeführt hat sie das gemeinnützige Projekt „Die Komplizen“, das in diesem Jahr in seine zweite Runde geht. Jugendlichen wird hier ein Erwachsener zur Seite gestellt, der ihnen Unterstützung bei der beruflichen Orientierung geben soll.
Die Möglichkeiten, sich ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche zu engagieren, sind zahlreich. Gemeinnützige Arbeit füllt oft die Lücken, die durch staatliche Versäumnisse entstanden sind. Dabei sind gerade Patenschaften beliebt – wie Lesepaten, die Kindern in Schulen oder Bibliotheken vorlesen. Das Neuköllner KinderKünsteZentrum sucht jetzt auch Kunstpaten: Menschen, die Kindergartenkindern und Grundschülern ihr Lieblingsbauwerk oder Lieblingskunstwerk in Berlin vorstellen.

„Die Komplizen“ verfolgen ein ähnliches Patenkonzept, richten sich aber an Schüler ab der 10. Klasse, an der Schwelle zum Erwachsenensein und oft von Zweifeln geplagt, was nach der Schule kommt. Die Mentoren sollen ihnen helfen, Potenziale zu erkennen und auszuschöpfen.
Im Vordergrund stehen dabei monatliche Treffen, bei denen sich die jeweiligen Tandems alleine und ohne Einfluss von außen austauschen. Zusätzlich finden Seminare statt, in denen die Schüler ihre Talente testen können, Netzwerktreffen mit allen Beteiligten sowie Arbeitsplatzbesichtigungen, alleine oder in Gruppen. Theresa hat auf diese Art neben dem British Council unter anderem das Innenministerium und zwei Neurologen besucht.
Die Mentoren werden von Mitarbeitern der „Komplizen“ gesondert geschult, bevor sie Schülern zugeteilt werden. Die Vorgaben sind strikt. Mehr Businesspartner als Kumpel, lautet die Devise und private Gefühle sind ebenso tabu wie Einladungen nach Hause. In der Regel sind die Mentoren in dem größten Interessengebiet der Schüler tätig.
Dass es bei Theresa anders war, liegt an ihrem Umfeld. Da sie ohnehin schon viele Ärzte kennt, sollte Guido Jansen ihr andere Perspektiven bieten. Umgekehrt gilt das auch. Guido Jansen hatte in seinem Beruf oft auf die Jugend von heute verwiesen und von der Lebensrealität junger Menschen gesprochen. Dann erkannte er, dass sich sein Reden nicht mit seinen persönlichen Erfahrungen deckte. „In meinem Umfeld gab es Kinder, und Menschen ab 30, dazwischen klaffte eine Alterslücke.“
Diese Lücke hat er nun geschlossen, mit Theresa, deren Motiviertheit ihn erstaunt und beeindruckt hat. Auch Theresa zieht ein positives Fazit. „Es war sehr wichtig für mich, mit einer neutralen Person reden zu können, die sich noch kein Urteil über mich gebildet hat.“ Ihren Berufswunsch hat sie dennoch behalten. Nach dem Abitur will sie Medizin studieren.

 

Der Weg zum Engagement:

1. Lesepaten: In Berlin gibt es zahlreiche Anlaufstellen für Menschen, die Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren vorlesen möchten, unter anderem die Initiative Lesewelt.

www.lesewelt-berlin-org, Turmstraße 55, Tiergarten, Tel. 45 08 92 09, Ansprechpartnerin: Ursula Frommholz, info@lesewelt-berlin-org

 

2. Kunstpaten: Das KinderKünsteZentrum in Neukölln sucht kunst- und geschichtsbegeisterte Menschen, die Kindern bis zur 3. Klasse ein Bauwerk bzw. Kunstwerk vorstellen.

www.kinder-kuenste-zentrum.de,  Ganghoferstraße 3, Neukölln, Tel. 36 46 08 69, Ansprechpartnerin: Karen Hoffmann,

hoffmann@kinder-kuenste-zentrum.de

 

3. Die Komplizen: Individuelle Orientierungshilfe für Schüler an der Schwelle zu Ausbildung oder Studium.

www.die-komplizen.org, Hobrechtstraße 26/27, Neukölln, Tel. 21 46 88 38, Ansprechpartnerin: Dorothea Heidenreich, dorothea@die-komplizen.org