Alptraum Blutsbande: Dunkler, bildgewaltiger Geisterreigen pathogener Familienstrukturen


So wirklich wird in dieser düsteren Collage, die Sebastian Hartmann aus Ibsens „Gespenster“ und Strindbergs „Der Vater“ (dazu noch ein paar Best-of-Verse aus Heines „Deutschland, ein Wintermärchen“) zusammengemixt hat, keines der Stücke gespielt. Hartmann collagiert einzelne Szenen der Vorlagen zu einem monströsen Vater-Mutter-Kind-Spiel mit gelegentlichen Inzesteinlagen vor Ahnenreihe und E-Gitarre.
In dieser bildgewaltigen Familienaufstellung mit albtraumhaften Riesenprojektionen (Tilo Baumgärtel) erscheint die bucklige Verwandtschaft immer wieder als geisterhafter Schattenriss vor einer sich verfinsternden Sonne, ein Ahnenreigen gesichtsloser Untoter – das Blutsbande-Päckchen, an dem die Paarkonstellationen (Strindbergs Ehepaar und Vater-Tochter-Konflikt, Ibsens Mutter-und-Sohn-Konfrontation) schwer zu tragen haben.
Das ist oft toll anzuschauen und großartig gespielt – Almut Zilcher und Edgar Eckert zeigen gruslige Mutter-und-Sohn-Abgründe, Katrin Wichmann und Felix Goeser wuchtig streitende Eheleute. Es gibt aber statt einer Geschichte nur einen redundanten Flow pathogener Familienstrukturen, vor allem zusammengehalten vom fast durchgängig tönenden Live-Soundtrack von Ben Hartmann und Philipp Thimm. Familie ist Leiden. Blut ist dicker als Wasser – ein Verhängnis: kein Entkommen, nie. FRIEDHELM TEICKE
5.3., 19 Uhr, 12.+26.3., 19.30 Uhr, Deutsches Theater, Schumannstr. 3a, Mitte. Regie: Sebastian Hartmann; mit Edgar Eckert, Felix Goeser, Gabriele Heinz, Markwart Müller-Elmau, Linda Pöppel, Katrin Wichmann, Almut Zilcher. Eintritt 5-48, erm. 9 €