Das japanische Genre der Pinku-Filme führt über die Faszination für das Verbotene zur Gesellschaftskritik – die Mini-Retro im Forum
Animes, Samurai-Filme, vielleicht noch Yakuza-Filme. Das sind typisch japanische Genres, die im Westen bekannt sind. Weit weniger geläufig sind sogenannte pinku eigas oder pink films, die ihren Namen dem weiblichen Körperteil verdanken, das hier zumindest thematisch im Mittelpunkt steht. Um Sex geht es, aber Softcore-Sexfilme im Stil von „Emmanuelle“ sind es dennoch nicht.
Das liegt daran, dass die Japaner bei der Sex-Darstellung eine merkwürdige Mischung aus grafisch und züchtig verfolgen. Besonders speziell ist die Eigenart, dass keine Schamhaare zu sehen sein dürfen. Diesem züchtigen Wesen steht eine Lust an Formen der Sexualität entgegen, die im Westen oft als bizarr betrachtet wird, Formen des Bondage etwa, aber auch voyeuristische oder sado-masochistische Ansätze.
Besonders deutlich wird das im besten Film der Reihe mit dem wunderbaren Titel Inflatable Sex Dolls of the Wastelands. Atsuhi Yamatoyas 90-minütiger Exzess beginnt mit dem Fällen eines Baums mittels Pistolenkugeln, womit der Killer Sho seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen sucht. Sein Auftrag: Im Fall einer entführten Frau zu ermitteln, deren Ehemann regelmäßig brutale Pornofilme von ihr bekommt. Dass er nicht nur um das Wohl seiner Frau besorgt ist, sondern auch die krude Kameraarbeit der Filme bemängelt, deutet an, auf welch bizarren, zunehmend surrealen Trip man sich hier einlässt.
Im Gegensatz zu westlichen Softsex-Filmen steht weniger der Akt selbst im Mittelpunkt als das Verlangen, die Qual, die Faszination des Verbotenen. So auch in Masayukis Abnormal Family, in dem das inzestuöse, auch nekrophil angehauchte Verlangen einer Kleinfamilie durchgespielt wird. Während dieser Film von 1984 ausgesprochen krude gefilmt ist, überzeugt Masao Adachis Gushing Prayer durch seine Schwarz-Weiß-Ästhetik, die nur gelegentlich mit grellbunten Momenten durchbrochen wird.
Es geht um die japanische Jugend, den Umgang mit Sex, Gewalt und der eigenen Geschichte, die Anfang der 70er-
Jahre vom Wunsch getrieben war, die von der US-Besatzungsmacht geprägte Nachkriegsordnung hinter sich zu lassen.