Kiezleben

Mein Lieblingsstück: Rummelsnuff

Eine Person. Eine Liebe. Berliner Stil-Geschichten

„Ahoi, Mädels und Buben. Ein Käpt’n braucht ein Boot, ein Binnenlandkäpt’n eines mit vier Rädern. Vor reichlichen 30 Jahren ging das weiße Blechboot im Gewand der verblichenen 70er-Jahre im Schwabenlande vom Band. Über 400.000 Kilometer hat es seither abgeleistet – weit mehr als die Hälfte davon im Dienste Rummelsnuffs. Der Schraubermeister, Halbgott in Blau, weiß, woher er Spenderorgane bekommt. So wird die Karosse wohl noch für lange Zeit auf Europas Straßen touren. Allzeit war Verlass auf das gute Stück. Wenn auch manchmal auf dem letzten Loch, den Heimathafen erreichten Käpt’n und Besatzung immer.

Einer der wenigen Fremdgänge, eine Gastspielreise in einem Gefährt aus Übersee, wurde umgehend bestraft: an einem Sonntag und, als wäre das nicht schon genug des Unglücks, ausgerechnet in Paris. Keine Werkstatt, keine Ersatzteile und ein Motor, der keinen Laut mehr von sich gab. Es folgte ein sagenhaft teurer, leidlich erfolgreicher Reparaturversuch, ein verlängerter Aufenthalt in der Stadt der Liebe und ein ausgefallenes Konzert im Rheinland. Der Rummelkäpt’n weigert sich auszurechnen, wie viele Gagen ihn das gekostet hat.

Der Benz wird fast so oft gebucht wie sein Halter. Er spielt nicht nur in Rummelsnuffs Videos die Rolle des betagten Blechbootes, er erscheint in Musikvideos anderer Interpreten, wie King Khan und den Wooden Shjips. Im Spielfilm „Lose Your Head“ fährt ihn eine Bande drogensüchtiger Nachtgestalten und auch in Miron Zownirs neuem Film wird er über die Leinwand rollen. Nicht schön, auch noch nicht selten, aber ein Fahrzeug mit Charakter. Die weißgetünchte Blechhaut ist von oberflächlicher Korrosion gezeichnet – aber er rollt und rollt. Dieser Wunderwagen mit den vier Zeichen: W123.“

Rummelsnuff feiert am 16.11. um 20 Uhr sein neues Album „­Kraftgewinn“ in der Berghain Kantine.