Wenn der Käufer das Design bestimmt

Newniq.com

Minimalauflage mit Mehrwert: Bei der Crowd-buying-Plattform Newniq.com sind die Käufer Geburtshelfer einzigartiger Designer-Editionen. Die beiden Gründerinnen Julia Depis und Judith Trifonoff im Interview über emotionale Einkaufserlebnisse und ihre Positionierung im Berliner Startup-Himmel

Was ist Newniq?
Judith Trifonoff: Wir sind eine Crowd-­buying-Plattform. Das heißt, eine Mindestzahl an Käufern ermöglicht die ­Produktion eines einzigartigen Design-produkts, das es bis dato in dieser Form noch nicht auf dem Markt gibt. Daher auch der Name als Konstrukt der Worte „new“ und „unique“. Konkret funktioniert das folgendermaßen: Auf Newniq präsentieren Designer aus dem Mode-, ­Interior- oder Produktbereich ihre Entwürfe und geben neben dem Stückpreis gleichzeitig an, in welchem Zeitraum sie eine bestimmte Käuferzahl benötigen. Erst, wenn sie auf diese Weise genug Start-­kapital generiert haben, machen sich die Designer an die Produktion.

Was bedeutet das für den Käufer?
Julia Depis: Rein emotional gesehen bekommen unsere Käufer nicht nur ein Designerstück, das es beispielsweise nur in einer Auflage von drei Stück gibt, sondern auch ein einmaliges Einkaufserlebnis – i­nklusive ein bisschen Herzklopfen, ob ihr Lieblingsteil am Ende auch umgesetzt wird oder nicht. Sollte letzteres einmal der Fall sein, bekommen sie ihr Geld umgehend von uns zurücküberwiesen. Aber auch rational lohnt es sich: Unsere Käufer helfen auf diese Weise nämlich, Überproduktion zu vermeiden.

Was unterscheidet Newniq von anderen Crowdfunding- und Designplattformen?
Judith Trifonoff: Auf Crowdfunding-­Portalen wie Kickstarter und Startnext werden Projekte von Fremden, sprich der „Crowd“, mit Geld unterstützt. Je nachdem, welchen Betrag diese spenden, erhalten sie ein kleines Dankeschön, das nicht zwingend etwas mit dem Projekt selbst zu tun hat. Die meisten Design-Plattformen wie Selekkt und Monoqi hingegen sind ­reguläre Online-Shops mit dem Ziel des Abverkaufs. Wir verstehen unseren Ansatz als Symbiose von beidem, aber auch als eigenständige Geschäftsidee.

Was macht die Idee des Crowdbuyings für Sie so reizvoll?
Judith Trifonoff: Es verhält sich damit nicht anders als bei wohltätigen Vereinen oder Einkaufsfahrten für Senioren auch: Wenn sich Menschen mit denselben Interessen für etwas einsetzen, hat das einen weitaus größeren Impact. Außerdem trägt natürlich die Social-Media-Bewegung dazu bei, dass Menschen miteinander verbunden sind, und sich länderübergreifend schnell und einfach zusammenschließen können.

Sie haben Design und BWL studiert und arbeiten noch in diesen Berufsfeldern. Auf welche Weise profitiert Newniq davon?
Julia Depis: Für uns sind die beiden Hintergründe Gold wert. Wir vereinen das kaufmännische Know-how von Judith mit meinen Berufserfahrungen und meinem Netzwerk als Designerin. Schließlich haben wir auf diese Weise erst gemeinsam das Manko der Finanzierung einer Plattform wie Newniq definiert. Ein weiterer Vorteil:  Die Aufgaben sind recht klar verteilt, damit alles nicht nur schön aussieht, sondern auch reibungslos funktioniert.

Wie akquirieren Sie neue Designer?
Julia Depis: Über sämtliche Kanäle. Wir besuchen Designermärkte und Pop-up-Stores, sammeln Flyer und sprechen Designer bei Veranstaltungen direkt an. Außerdem recherchieren wir viel im Internet, beispielsweise auf Do-it-yourself-Blogs.

Dürfen es nur Designer aus Berlin sein?
Julia Depis: Im Gegenteil. Wir freuen uns über Designer aus ganz Deutschland. Bislang hatten wir bereits Designer aus Hamburg, München und Frankfurt im Programm. Jedoch kommt der Großteil tatsächlich aus dem kreativen Berlin.

Welche Aktion war am erfolgreichsten? Wie erklären Sie sich das?
Judith Trifonoff: Besonders gut liefen die Teller mit einer Hunde-Illustration von Angela Wittchen, der Holzuntersetzer von Marcel Pasternak oder das Küchen-Origami von Eva Hotz. Wir denken, dass diese Produkte ein perfektes Preis-Leistungs-Verhältnis hatten, echte Liebhaberstücke sind und damit optimal unter den Weihnachtsbaum gepasst haben.

Wie lange haben Sie selbst für die Gründung von Newniq gebraucht?
Julia Depis: Wie sind nicht wie ein Pilz aus dem Boden geschossen. Vom Erstgespräch bis zum Launch sind ganze zwei Jahre vergangen. Wir wollten lieber erst alles komplett unter Dach und Fach haben, bevor wir eine halbfertige Seite präsentieren. Dazu gehörten stundenlange Gespräche mit Callcenter-Mitarbeitern zu Zahlungsschnittstellen sowie diverse Treffen mit Anwalt, Programmierern und den Designern natürlich.

Jemand entgegnet Ihnen: „Schon wieder so ein Berliner Startup!“ Sie sagen?
Julia Depis: „Wie? Hier gibt es noch mehr von uns?“

www.newniq.com

Weitere Crowdfunding-Projekte

Kickstarter
Auf der US-Plattform Kickstarter sammeln Musiker Spenden für ein neues Album, Entwickler generieren eine Startfinanzierung für ihre Software oder Designer werben Inves­toren für eine neue Hausschuh-­Linie.
www.kickstarter.com

C’est tout x Startnext
Das Berliner Label von Katja Will promoted die „Family & Friends-Designerkollektion“ zum Einkaufspreis. Pro Fundraising-Spende erhält die Kundin z.B. ein T-Shirt für 59 Euro oder eine Lederjacke für 450 Euro.
www.startnext.de/cesttout