Familie

Zweisprachiges Kindertheater Platypus

Genial bilingual: Zweisprachiges Kindertheater in Berlin tut sich schwer. Ein neues Festival will Potenziale besser nutzen.

Ein Dezembersonntag in Kreuzberg. Ruhig und verschlafen liegt die Naunynstraße im grauen Nebel des Tages. Nur wenig deutet darauf hin, dass hier die Eröffnung eines spanisch-deutschen Kindertheater-Fes­tivals stattfindet. Ein Novum in Berlin, denn obwohl die Stadt international geprägt ist, kommt zweisprachiges Theater für ein junges Publikum bisher nicht über einen Exotenstatus hinaus. Dabei kann es auf eine 20-jährige Tradition zurückblicken.

Begonnen hat alles mit Peter und Anja Scollin. Das Ehepaar aus Australien gründete 1992 das Platypus Theater, benannt nach dem englischen Wort für Schnabeltier. Das erste englisch-deutschsprachige Stück, das im Platypus aufgeführt wurde, hieß „Teenagers in Trouble“, schon damals speziell für Kinder und Jugendliche konzipiert. „Wir haben schnell gemerkt, dass wir in Berlin damit auf eine Marktlücke gestoßen sind“, erinnert sich Anja Scollin. Schulklassen aus dem ganzen Gebiet der wiedervereinigten Stadt interessierten sich für das Ensemble. Der Bedarf an live erlebtem Englisch war vor allem im Osten groß.

20 Jahre später ist Platypus gewachsen und etabliert, aber immer noch weitgehend ­alleine in der zweisprachigen Szene für Kinder und Jugendliche. Nach wie vor sind es hauptsächlich Schulklassen, die die selbst geschriebenen Stücke für Zuschauer ab vier Jahren besuchen. Platypus hat trotz regelmäßigen Spielplans und ordentlichen Zulaufs noch immer keine feste Spielstätte und tritt an wechselnden Orten auf. Das liegt vor allem an den Schwierigkeiten, Förderung zu erhalten: „Der Senat legt dafür die gleichen Standards an wie für deutsche Stücke und verlangt Innovationen“, erklärt Anja Scollin. „Künstlerischen Anspruch haben wir ja auch. Oberstes Ziel ist es aber, dass die Kinder im Publikum Spaß haben, die Stücke und die Sprache verstehen und nicht abschalten. Mit Sachen wie zum Beispiel Textcollagen würden wir das nicht mehr erreichen können.“

Spinnen mit Schuhtick

An Förderung hat Maria Ruiz-Larrea gar nicht erst gedacht. Die Schauspielerin ist Mit-Organisatorin des Festivals in der Naunynstraße. „Wir waren glücklich, überhaupt ein solches Festival ausrichten zu können“, sagt sie. Im Hoftheater Kreuzberg zeigen fünf freie Theatergruppen noch bis Ende Februar deutsch-spanische Stücke. Die Schauspielerinnen kommen aus Spanien oder Lateinamerika, ihre Geschichten handeln von verrückten Omas, schokoladensüchtigen Ratten oder Spinnen mit Schuhtick. Die liebevoll hergestellten ­Kulissen bauen sie sonst in kleinen Cafés auf, feste Spielpläne haben sie nicht.

Dabei ist das Potenzial groß: Die Zahl der deutsch-spanischsprachigen Familien in Berlin nimmt zu, bilinguale Tagesstätten und Europaschulen haben starken Zulauf. Auf die Zuschauerzahlen bei den Stücken wirkt sich das aber nicht aus. „Dabei ist Zweisprachigkeit etwas Geniales“, sagt Ruiz-Larrea. Nur gebe es leider außerhalb der Schulen und Kitas nicht viele Angebote für deutsch-spanische Kinder. „Viele Eltern sagen uns, dass ihre Kinder in der Öffentlichkeit nicht gerne Spanisch sprechen. Bei unseren Stücken bemerken wir aber, dass sie beide Sprachen gut beherrschen.“

Sowohl Platypus als auch die Theatermacherinnen im Hoftheater versuchen, in ihren Stücken ein wenig mit der Bilingualität zu spielen. Eine Sprache ist dabei aber immer als Hauptsprache gekennzeichnet. Die Kunst besteht darin, für die Zielgruppe ein Sprachniveau zu finden, das spielerisches Lernen zulässt ohne sie zu über­fordern. Bei der Senatsverwaltung besteht hier offenbar noch Nachholbedarf. „Einmal wollte ich ein spanisch-deutsches Stück inszenieren. Der Förderantrag wurde aber abgelehnt“, sagt Anja Scollin. Erklärung: Die Verantwortlichen für die Beurteilung des Stücks konnten anscheinend kein Spanisch.

Platypus Theater: wechselnde Spielstätten, www.platypus-theater.de

Spanisch-Deutsches Festival: Hoftheater Kreuzberg, Naunynstr. 63, bis 28.2., www.hoftheater-kreuzberg.de