BERLIN ALS ERFINDUNGS-VORREITER

Ersonnen, erbaut und ausprobiert

Der Berliner mag keine Experimente? Stimmt nicht. Denn die Hauptstadt kann von sich behaupten, schon für sehr viele Erfindungen die Petrischale gewesen zu sein. Entweder, weil sie direkt hier gemacht oder zumindest erstmalig erprobt wurden.

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Nein, man kann dem durchschnittlichen Hauptstadtbewohner sicherlich nicht vorwerfen, ein stiller Erdulder zu sein, der störende oder untragbare Zustände einfach so hinnehmen würde. Beweisstück A: 2019 kamen wir auf einen neuen Rekord. Im Schnitt fanden pro Tag ganze 14,6 Demonstrationen statt; insgesamt waren es 5.350 Stück – angemeldete Demos, wohlgemerkt. Hinnehmen von Ist-Zuständen sieht definitiv anders aus.

Allerdings sollte man angesichts derartiger Zahlen auch nicht glauben, der Berliner könne sich nur wort- und schriftgewaltig über Dinge echauffieren. Es gibt noch andere Wege: Indem er erfindet oder zumindest zulässt, dass etwas, das anderswo erfunden wurde, in der Stadt seine ersten Probeschritte absolviert. Und das können Berliner und Berlin nicht nur, sie tun es auch schon lange. Schon zu Zeiten, in denen Neukölln noch Rixdorf hieß und niemand daran dachte, dass dieses Dörfchen mal Berlins dichtbebautester Bezirk werden würde. Der folgende Artikel will diese Beweise von Erfindergeist und Progressivität würdigen.

1. Der Pappteller

(Unbeschichtete) Pappteller gehören zu den wenigen unproblematischen Teilen des Einweggeschirrs, lassen sie sich mangels Plastik doch um einiges besser entsorgen.
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Gleich das erste Exponat beweist aufs Schönste diese Berliner Lösungs-Attitüde, wenn etwas nicht passt. Wir befinden uns in der Mitte der 1800er Jahre. Es ist die Zeit, in der das Lesen zum Jedermann-Erlebnis wird. Die Zahlen der Zeitungen in der Stadt gehen hoch und jeder, der beruflich damit zu tun hat, ist ein hochangesehener Mensch.

Es ist auch eine Zeit in der das, was heute als „Weiterverwertung“ von manchen wie eine brandneue Erfindung zelebriert wird, zum normalen Tagesgeschäft gehört. Das bringt uns wieder zu den Zeitungen. Denn vom Journalisten, der die Worte erdachte, über Grafiker, die optisches Leben hineinbrachten (das erste Zeitungsfoto wurde erst 1883 abgedruckt) bis zum Drucker, der es aufs Papier übertrug, waren alle stolz auf ihre Arbeit. Und es wurmte nicht wenige, dass der gemeine Berliner in einer ausgelesenen Zeitung nichts Anderes als schlichtes Nutzmaterial für die verschiedensten Zwecke sah:

  • Ofenanzünder
  • Langzeit-Brikett (mit nasser Zeitung umwickelte Kohle)
  • Toilettenpapier
  • Improvisierte Einlegesohle
  • Verpackungsmaterial

Dies waren die damals gängigsten Weiterverwertungen für die Zeugnisse schreibender Schaffenskraft. Einer, der sich darüber besonders ärgerte, war der Luckenwalder Buchbindermeister Hermann Henschel.

Als leidenschaftlicher Tüftler neben seinem Beruf konnte er es nur schwer ertragen, dass das Medium, das mit so viel Liebe gemacht wurde, nach wenigen Tagen nur noch zum Verpacken von Fleisch, Fisch, schüttbaren Lebensmitteln oder Süßigkeiten verwendet wurde. Kein Berliner Händler, der damals seine Waren nicht standardmäßig in Zeitungspapier gewickelt hätte – und damit natürlich auch die Druckerschwärze auf den Inhalt übertrug.

Heute diskutieren die Historiker, ob Henschel eher die Druckerwaren vor „entwürdigenden“ Zweitverwendungen oder die Berliner vor verkonsumierter Druckerschwärze schützen wollte. Fest steht jedoch: In dieser Zeit entwickelte er einige Lebensmittelverpackungen, die alle aus (unbedrucktem) Papier bzw. Pappe bestanden und die als Alternative für die bislang übliche Zeitung eingesetzt werden konnten. Sein größter Wurf kam 1867: der Pappteller. Schon die ersten Stücke sahen haargenau so aus, wie man es noch heute kennt. Und weil Henschel im gleichen Jahr auch eine Pappwarenfabrik gründete, konnte er Berlin direkt selbst versorgen.

2. Die Currywurst

Das zweite Exponat muss einfach an dieser Stelle sitzen, denn es steht völlig außer Frage, dass es ohne Pappteller nur ziemlich schlecht funktionieren würde – zumindest in den Anfangstagen, bevor Kunststoff im großen Stil Verwendung fand.

Die Currywurst ist nicht Berlins einziges Geschenk an die Lebensmittelwelt. Aber mit ziemlicher Sicherheit das mit der größten globalen Verbreitung.
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Diesmal befinden wir uns direkt in Berlin. Ganz genau gesagt an der Ecke Kaiser-Friedrich- und Kantstraße in Charlottenburg – allerdings fast ein Jahrhundert nach Hermann Henschels Erfindung. Es ist 1949. Und obwohl in diesem Jahr die Bundesrepublik gegründet wurde, zeugte Berlin noch massiv vom vier Jahre zurückliegenden Krieg des „dritten Reiches“.

In dieser Zeit betrieb Herta Heuwer an besagter Ecke einen Kiosk, den sie für kleines Geld erstanden hatte und der der ehemaligen Trümmerfrau dank des Verkaufs von Bockwürsten ein einträgliches Auskommen sicherte. Dann kam jedoch der 4. September. Es regnete Bindfäden, die Kunden blieben aus, Herta Heuwer hatte Langeweile. Und sie begann, auf ihrem Büdchen-Herd mit Tomatenmark und Gewürzen zu experimentieren, um die unfreiwillige Freizeit sinnvoll zu füllen. Als sie eine Probe-Portion in den Mund schob, blieb der beinahe offenstehen – es schmeckte unglaublich.

Der Rest ist Berliner Geschichte: 60 Pfennige die Portion, dazu der werbewirksame Name „Spezial Curry-Bratwurst“ und nach kurzer Zeit wanderten tausend Portionen täglich über den Tresen der grünen Kiosk-Bude. Reich wurde Herta Heuwer zwar nicht, aber berühmt – und sie nahm übrigens auch das exakte Soßenrezept mit ins Grab. Übrigens soll auch ein weiterer beliebter Imbiss in Berlin erfunden worden sein: Der Döner.

3. Das 5G-Netz

5G ist der „Flaschenhals“: Ohne diesen Mobilfunkstandard funktionieren zahlreiche Anwendungen, die künftig wichtig sind, einfach nicht. In Berlin wird er großmaßstäblich erprobt. Bild: stock.adobe.com / Николай Батаев

Abermals machen wir einen gehörigen Zeitsprung nach vorn. Zudem diesmal zu einer Erfindung, die ausnahmsweise nicht von einem Berliner stammt. Aber es dürfte zumindest Berlins Status zuzuschreiben sein, dass wir die Ehre haben, der bundesweite Testballon sein zu dürfen.

Wir schreiben das Jahr 2020. In diesem noch jungen Jahr ist 5G nicht nur irgendein neuer Mobilfunkstandard. Es zählt als eine wichtige Schlüsseltechnologie, die zwingend für weitere Zukunftstechniken benötigt wird:

  • (Teil-)Autonomes Fahren
  • Telemedizin (u.a. Operationen aus der Ferne)
  • Fernwartung bzw. -steuerung von Maschinen (Etwa zur Straffung von Produktionsabläufen)
  • Smarte Stromnetze, die dauernd Feedback über Verbräuche liefern (Unverzichtbar für die Zukunft der Energiewende, d.h. Abkehr von wenigen großen, zu vielen kleinen Produzenten)

Das sind nur vier Kernbereiche, die ohne 5G nicht funktionieren würden, einige weitere kommen noch hinzu – neben den hohen Surfgeschwindigkeiten.

Zwar wird auch in verschiedenen anderen Städten getestet. Aber Berlin ist die Modellregion, in der die Telekom seit 2019 tatsächlich großmaßstäblich testet. Von den aktuell knapp 450 Antennen in ganz Deutschland stehen knapp hundert allein in der Hauptstadt und versorgen hier auf dem Gebiet von Kreuzberg, Schöneberg und Mitte immerhin das bis dato größte 5G-Areal der Republik. 2020 will auch Konkurrent Vodafone hier einsteigen.

Warum genau Berlin? Weil hier eine sehr touristisch geprägte Metropole mit hohem Verkehrsaufkommen und Industrie – in diesem Fall Adlershofen – kombiniert ist. Ein echter Härtetest also, der sehr viel besser Limitierungen und Probleme aufdecken kann als beispielsweise ein Test in einem reinen Wohngebiet.

4. Das Fernsehen

Fernsehen wäre auch ohne Berlins helle Köpfe entstanden. Höchstwahrscheinlich aber mit ziemlicher Verzögerung. Bild: stock.adobe.com / spyrakot

Hinter diesem Begriff stecken zwei Dinge:

  • das Fernsehen als technisches Gerät
  • das Fernsehen als Zusammenspiel von Aufnahme, Übertragung und Ausstrahlung

Aus dem Grund handelt es sich hier strenggenommen um zwei Exponate, die auch noch Jahrzehnte auseinanderliegen:

Derjenige, der sich maßgeblich für die technische Seite des Fernsehens verantwortlich zeigte, war Paul Nipkow. Zwar gebürtiger Pommeraner (aus Lauenburg, heute das polnische Lębork), aber mit seiner Immatrikulation an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin (heute die HU) ein Zögling der Hauptstadt.

Wir schreiben das Jahr 1883. Genauer gesagt Heiligabend. Was Nipkow der Legende nach an diesem Abend in seiner Studentenbude in der Phillipstraße ersann, erwies sich im Nachhinein als die erste brauchbare Lösung zur Übertragung optischer Signale. Zuvor hatte man zwar schon lange gewusst, dass sich Tonsignale übertragen ließen und es auch getan. Aber selbst die klügsten Tüftler-Köpfe der damaligen Welt scheiterten immer wieder daran, Bilder zu übertragen – wobei die Schwierigkeit vor allem in der Aufnahme der Bilder bestand.

Letztendlich erwies sich mit den beginnenden 1930ern zwar, dass es bessere Alternativen zu Nipkows Scheibe gab – vor allem die ebenfalls in Berlin (durch Manfred von Ardenne) ersonnene elektronische Bildzerlegung. Nichtsdestotrotz wird Paul Nipkow heute als wichtigster Pionier des Fernsehens angesehen, weil seine Nipkow-Scheibe noch vor dem Ersten Weltkrieg die ersten experimentellen Fernsehübertragungen ermöglichte.

Paul Nipkow war es dann auch, der als Namensgeber für eine weitere Testballon-Funktion Berlins zur Verfügung stand. Die Jahre zwischen den späten 1920ern und dem Zweiten Weltkrieg waren die Zeit, in denen man sich ernsthaft daranmachte, das vorher nur experimentelle Fernsehen zu einer brauchbaren Technik zu entwickeln– damals war das Radio gerade erst dabei, zum Massenmedium zu werden.

In Charlottenburg, genauer gesagt Witzleben, bestand damals der gleichnamige „Rundfunksender Witzleben“, der vom Messegelände sendete. Schon ab 1929 begann man dort Fernsehbildübertragungen, die allerdings nur ins Labor der Berliner Post ausgestrahlt wurden. Nachdem Manfred von Ardenne 1931 auf der Funkausstellung die weltweit erste elektronische TV-Übertragung vorgeführt hatte, kam am 18. April 1934 ein kleines Publikum in der Kroll-Oper in den Genuss dessen, was im Nachhinein die welterste öffentliche Fernsehübertragung eines Fernsehsenders war. Ausgesendet von Witzleben, zu Nipkows Ehren „Fernsehsender Paul Nipkow“ benannt. Und auch wenn nicht nur die ersten übertragenen Worte, sondern ein Großteil der darauffolgenden Sendungen vor allem der nationalsozialistischen Propaganda dienten, änderte es doch nichts an der technischen Vorreiterrolle der Hauptstadt. Der nachfolgend aufgenommene regelmäßige Programmbetrieb war allerdings schon nicht mehr einzigartig: In Großbritannien hatte die BBC Ähnliches aufgezogen.

5. Die moderne Schönheitschirurgie

Schönheitschirurgie nach heutigem Verständnis ist so berlinerisch wie das Brandenburger Tor und sorgte seitdem für Millionen korrigierender Eingriffe.
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Dass der Mensch nicht mit dem zufrieden ist, was Mutter Natur ihm mitgibt, dürfte so alt sein wie die Menschheit selbst. Doch über weite Teile dieser Geschichte gab es daran nichts zu rütteln – schon, weil es an medizinischen Möglichkeiten mangelte.

Doch wie so oft nicht nur in diesem Text waren die ausgehenden 1800er eine unglaublich erfindungsreiche Epoche. Einer der heute oft verkannten Akteure dieser Zeit war Jacques Joseph. Der gebürtige Königsberger hatte 1889 sein Medizinstudium an der Friedrich-Wilhelms-Universität abgeschlossen und war nach Stationen im Krankenhaus Friedrichshain und der Kinderpoliklinik sowie kurzlebiger Selbstständigkeit seit 1892 an der Berliner Universitätspoliklinik beschäftigt, um Chirurg zu werden – wo er bei einem anderen Berliner Urgestein, dem Chirurgen Julius Wolff, lernte.

Joseph war vier Jahre an der Klinik beschäftigt, als er etwas tat, was nach damaligem Verständnis bestenfalls medizinisch fragwürdig war: Er operierte ohne Not, indem er einem Jungen, der ausgeprägte Segelohren hatte und sehr darunter litt, diese operativ anlegte. Dieser Schönheits-OP folgte der Rausschmiss durch Julius Wolff – obwohl die „Berliner Medizinische Gesellschaft“ Jacques für die Operation sogar gelobt hatte.

Notgedrungen eröffnete Jacques Joseph abermals eine eigene Praxis. Doch er blieb bei den Schönheitskorrekturen. 1898 verkleinerte er einem Mann die Nase und von da ab verzeichnete seine Praxis großen Andrang. Kurz nach der Jahrhundertwende kannte jeder Berliner den „Nasenjoseph“, der praktisch alle operativen Grundlagen, die auch heute in dem Metier noch genutzt werden, entwickelte – und dazu noch einige Operationswerkzeuge.

Für den traurigen Aufschwung sorgte nicht zuletzt der Erste Weltkrieg: Die Schlachten hinterließen unzählige (gesichts-)entstellte Männer. Schon während des Krieges führte Joseph zahllose Gesichtswiederherstellungen durch, wurde sogar Chef einer dafür eingerichteten Abteilung an der Charité. Und in den 1920ern wurde er zu der globalen Anlaufstelle sowohl für Patienten wie lernwillige Kollegen.

6. Der Fön

Leicht wurden Haartrockner erst in den 1970ern. Zuvor waren sie immer schwere Geräte aus Metall – wenngleich sie nicht die zwei Kilo des AEG-Föns wogen.
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Haartracht ist purer Zeitgeist. Mal ist sie kurz, mal wieder lang, ab und zu kommen auch noch lange Bärte hinzu. Und jeder, dessen Haare länger als das sind, was sich mit einem normalen Badetuch schnell trocknen und bändigen lassen kann, darf an dieser Stelle abermals „Danke, Berlin!“ sagen.

Es ist die Zeit der Jahrhundertwende, genau: 1899. In Berlin ist die „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ (AEG) über ihre Tochterfirma nicht nur der Stromversorger, sondern auch eine enorm umtriebige Firma, wenn es um das Erfinden und Produzieren von Anwendungen für den gelieferten Strom geht.

Dass man den auch nutzen konnte, um Luft zu erwärmen und in einen steten Strom zu versetzen, war damals bereits bekannt – schon 1888 hatte der französische Friseur und Tüftler Alexandre Godefroy ein solches Gerät für seinen Salon erfunden. Es ähnelte verblüffend den noch heute anzutreffenden Trockenhauben. Bloß: Dementsprechend groß und schwer war das Gerät – nicht geeignet für private Badezimmer.

Das wusste man auch bei der AEG. Doch es war ebenfalls klar, welches Marktpotential dahintersteckte – und vermutlich auch, welche Stromverbrauchserhöhungen man dadurch für die versorgende Tochtergesellschaft produzieren könnte. Die Aufgabe: Den Haartrockner zu etwas machen, das man mit den Händen halten konnte.

Ganz schaffte man das zwar nicht, als man 1899 die „Heißluftdusche“ der Weltöffentlichkeit präsentierte – das Gerät wog rund zwei Kilogramm – aber die AEG hatte den Hand-Haartrockner erfunden. Und sie bewarb ihn nicht nur für diesen Zweck, sondern auch noch als Linderungshilfe für verspannte Muskeln. Und der Name, den wir heute kennen? Der wurde erst 1909 vom Unternehmen Sanitas, das einen verbesserten Apparat lancierte, als Wortmarke eingetragen – 1957 wurde der Fön (ohne h) dennoch AEG-Eigentum, als der Konzern Sanitas übernahm.

7. Die Paketauslieferung der Zukunft

Velo statt Van: Wenn sich das dereinst als primäre Form der urbanen Paketzustellung durchsetzt, darf Berlin sich loben, den Anfang gemacht zu haben.
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Es ist in Berlin schon seit Jahren unmöglich, zu irgendeiner Uhrzeit zwischen frühem Morgen und spätem Abend durch die Straßen zu fahren, ohne irgendwo wegen eines in zweiter Reihe stehenden Paketfahrzeugs hängenzubleiben – in Sachen Bestellshopping ist der Berliner nicht weniger zeitgenössisch als jeder andere Deutsche. Allerdings ist Berlin definitiv besser darin, solche Probleme an der Wurzel zu packen, statt sie schulterzuckend zu akzeptieren – kein Kunststück, sondern in diesem Fall echte Notwendigkeit, weil es sich nun mal um die einwohnerstärkste Stadt Deutschlands handelt. Wir schreiben das Jahr 2018. In Berlin hat der Unmut über die Massen an Zusteller-Sprintern einen neuen Höhepunkt erreicht. Und die Stadt handelt. Sie gründet, zusammen mit den fünf auftragsstärksten Paketdienstleistern, das Projekt „KoMoDo Berlin“ – die Abkürzung von „Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die Kurier-, Express-, Paket-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin“.

Die Mission: Unter Realbedingungen prüfen, ob sich zumindest die letzten Streckenabschnitte der Auslieferung umwelt- und verkehrsverträglicher gestalten lassen. Dazu wird im Prenzlauer Berg am Mauerpark ein kleines Logistiklager eingerichtet. Hinzu kommen eine Handvoll Lastenfahrräder und Fahrer und die Sache steht. Ein Jahr lief das Projekt – mit riesigem Erfolg: Alle Beteiligten zogen nach 160.000 Paketen und Päckchen, 38.000 Auslieferungskilometern und elf eingesparten CO2-Tonnen eine positive Bilanz.

Im nächsten Schritt sollen ähnliche Projekte in anderen Städten ablaufen. Die Chancen dafür sind gut, zu klären sind letztendlich nur logistische Detailfragen. Wenn also in einigen Jahren Lastenräder, zumindest in Großstädten, ganz normal Pakete ausliefern, darf es also abermals wieder „Danke, Berlin!“ heißen.

War das schon alles?

Es gibt Leser, denen diese Beiträge zur Welt, wie wir sie kennen, nicht genug sind? Nun gut, denn es gibt auch noch ein paar andere Berliner Erfindungen – irgendwo muss ja auch die Tatsache fußen, dass in Berlin über viele Jahre hinweg die mit Abstand meisten Erfindungen angemeldet wurden und wir (nach Hamburg) immer noch die Spitze der Städte in diesem Bereich sind:

  • 1835: Tuba (Musikinstrument)
  • 1855: Litfaßsäule
  • 1867: Erbswurst
  • 1878: Öffentliche Toilette
  • 1879: Elektrische Straßenbahn
  • 1891: Motorloses Fliegen
  • 1901: Trockenbatterie (die Batterie nach heutigem Verständnis)
  • 1903: Thermosbehälter
  • 1906: Taschenlampe
  • 1941: Computer
  • 1970(er): Döner Kebab

Wie viele Erfindungen zudem auch noch von Menschen getätigt wurden, die zumindest in Berlin geboren wurden, lässt sich noch nicht mal schätzen. Es dürften viele sein. Haben wir gern getan, liebe Welt!