Date to go

Flirt-Apps

Mobile Programme wie „Lovoo“ versprechen die große Liebe. Ein Selbstversuch

Neun Uhr abends, Café „Extrablatt“, Charlottenburg: Ich bin auf der Suche nach Männern, aber statt durch das Café zu streifen, bleibt mein Blick am Smartphone hängen. Der Flirtradar, der dort dank der Applikation „Lovoo” angezeigt wird, verspricht, dass zwei Flirtwillige näher als 200 Meter sind.

„Loverboyxxl“ zum Beispiel, Entfernung zehn Meter: 26 Jahre, braunes Haar, Nerdbrille und, soweit erkennbar, gut gebaut. Verstohlen sehe ich mich um und meine, ihn fünf Tische weiter zu erkennen. Er sitzt mit zwei Männern zusammen und trinkt ein Kölsch, sehr sympathisch. Schnell tippe ich eine Nachricht, doch anscheinend ist ihm  nicht nach Online-Dating zumute. Nummer zwei nennt sich „karacho“ und sieht so gar nicht danach aus. Sein Profilfoto, das ihn auf einem Jetski zeigt, verspricht einen Abenteurer, aber in natura sitzt ein paar Meter weiter ein milchgesichtiger Hänfling. Wenigstens stimmen die Bilder mit dem echten Gesicht überein. Trotzdem frage ich mich, wieso einige Nutzer sich vor einem Auto posierend oder gar küssend mit einer Frau ablichten lassen.

Mir drängt sich die Vermutung auf, dass sie einfach verzweifelt sind. Laut dem Singlebörsenvergleichsportal „Datingjungle“ leben in Berlin 409.920 Singles. Damit liegt die Stadt, bezogen auf die Einwohnerzahl, im bundesweiten Vergleich auf Rang zwei, gleich hinter Regensburg. Hier lohnt sich eine Dating-App.

Egal ob bei Lovoo oder Konkurrenzprodukten: Auf ein ausgeprägtes Sexualleben muss der Durchschnittssingle nicht lange warten, auf eine Nachricht folgt das Angebot zu einem Blind Date. Doch was bedeutet das für unser Liebesleben? Werden  Kneipen- und Clubflirts aussterben und süße Spontantreffen in der U-Bahn  überflüssig? Egal, ich lasse mich auf dieses virtuelle Spielchen ein, finde es sogar ganz amüsant, dem Flirtpartner einmal nicht in real gegenüberzustehen.

 

Sex zu jeder Tageszeit

Bei Lovoo legt sich der User zunächst ein Profil an, indem er Vorlieben, Erwartungen und, wenn gewünscht, sexuelle Neigungen angibt. Letztere finden sich auf „Maximus“ Profil zuhauf: der sonnengebräunte Tätowierte steht auf Sex zu jeder Tageszeit, kombiniert gerne verschiedene Sextoys und garantiert, dass der Sex mit ihm ein Erlebnis ist. Für seine Zukunft wünscht er sich ein Haus, Garten und Kinder, seine Antwort auf meine schlichte Frage „Hey, wie geht’s?“ lautet: „Cybersex? Jetzt?“. Zum Glück liefert mir die Flirtmatch-Funktion weitere Partnervorschläge. Aber mal ehrlich: Wer wird bei Namen wie „Kuschelbär“, „Glücksbärchi“ und „Pimp“ nicht skeptisch?

Im August ist „Lovoo“ gestartet, inzwischen gibt es 21.000 Nutzer deutschlandweit, das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren, der Frauenanteil bei 35 Prozent.

Gerne würde ich mir einmal die Konkurrenz anschauen, doch da ich auf der Suche nach Männern bin, werden mir die weiblichen Nutzer nicht angezeigt. Also neu registriert, diesmal als „X-Man“, 25. Als Profilfoto habe ich mir das computergenerierte Bild eines perfekten Mannes besorgt, Universitätspsychologen der Singlehauptstadt Regensburg haben es entworfen. Die Ergebnisse der Flirtsuche erfreuen mich: Lauter attraktive Frauen grinsen mich von ihren Fotos aus an. „princess_kathi“, fällt mir gleich ins Auge. Auch wenn ihr Profilfoto fast zu gut aussieht um echt zu sein: Sie trifft genau meinen Geschmack. Lange, braune Haare und ein umwerfendes Lächeln. Starke Konkurrenz.

Also schnell zu meinem wirklichen Profil zurück. Neun Nachrichten habe ich bekommen. „Mart8586“ und „Gentleman“ meinen, ich sehe heiß aus, andere sagen sexy. Das hört man gern. Trotzdem finde ich keinen, der mich interessiert. Was anfangs ein kurzweiliges Vergnügen war, wird zur Frustration. Wie soll man auch die große Liebe finden, wenn die dem „to go“-Motto folgt, zeitgemäß schnelllebig abgehandelt wird? Ein Klick zum Cybersex und One-Night-Stand, aber eben auch zur Enttäuschung.

Enttäuscht werde ich zuletzt von „Mitch“, 25, gutaussehend, schwarzes Hemd und ausnahmsweise kein Goldkettchen. Leider wohnt er in München, verbringt momentan jedoch ein paar Tage in Magdeburg. Perfekt! Ich frage nach einem Treffen und werde ernüchtert, als er offline geht. Für heute reicht es mir, da helfen auch keine flehenden Nachrichten, die besagen, ich „geile, perverse Sau“ dürfe noch nicht gehen.

 

App unter www.lovoo.net, ähnlich: www.kizzle.net, für Gays: www.pinkmap.de, alle kostenlos