Radtour 9

Vom Pferdeschloss zum Inseltraum

Staunen und spielen: In Neustadt (Dosse) steht ein Schloss für Pferde und auf der Insel in Kyritz toben sich Piraten aus

Es mag wie eine Floskel wirken, aber wer nach Brandenburg fährt, kommt manchmal aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das gilt für diese Radtour ganz besonders, denn sie verbindet zwei sehr ungewöhnliche Orte: eine Schlossanlage für Pferde und die „Insl“ in Kyritz.

Ein Manko ist die sehr unterschiedliche Beschaffenheit der Wege. Rennradtauglich ist diese Tour nicht. Und auch der Autoverkehr stört mal mehr, mal weniger. Gleich zu Beginn müssen wir uns durch Neustadt an der Dosse quälen. „Stadt der Pferde“ nennt sich die Gemeinde, aber die Gegend rund um den Bahnhof hat mit einem Ponyhof wenig gemein. Die Gaststätte ist geschlossen, der Bahnhof verfallen. Doch ein Schild weist den Weg aus der Einöde: Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt. Die Pferdezuchtanlage trägt auch den Namen „Sansoucci der Pferde“, und das völlig zu Recht. Friedrich Wilhelm II. ließ das Gestüt 1788 erbauen. Das Ziel: eigene Pferde für das preußische Militär züchten. Die streng geometrische Anlage beeindruckt noch heute und auch ihre Offenheit. Das Betreten der Ställe ist ausdrücklich gestattet.

Ein kleines Museum klärt über die Geschichte auf.  Über eine Allee mit Kastanien radeln wir zum Landgestüt, wo ebenfalls Pferde gestreichelt werden können. Über eine Nebenstraße schlängeln wir uns zum Flüsschen Dosse durch. Auf einer wunderschönen, autofreien Allee gleiten wir vier Kilometer Richtung Wusterhausen und dort über den hübschen Marktplatz mit Fachwerkhäusern. Ein kurzer Stopp für ein Eis und weiter geht es zum Klempowsee nördlich von Wusterhausen. Dieser gehört zur Kyritzer Seenkette, die künstlich aufgestaut wurde. Wir radeln durch den Wald immer am Wasser zum Strandbad Kyritz. Und zum Fährmann, der auf unkonventionelle Art und Weise benachrichtigt wird. An der Steganlage hängt ein Topf, auf den wir nun kräftig schlagen. Und siehe da, auf der Insel steigt jemand in einen Kutter und fährt zu uns herüber. Auf der „Insl“ wacht Rosemarie über das Geschehen. Zusammen mit Kai und Lars kümmern sie sich um das Eiland mit Gasthaus. Junge Berliner, die mit viel Witz und vor allem viel Liebe einen ganz besonderen Ort erschaffen haben. Kindgerecht, aber ebenso für Erwachsene erholsam. Ab und an feiern die Insulaner lustige Feste, Piratenfeste und Hochzeits­partys. Das Gemeinschaftsgefühl soll gestärkt werden.

Zurück geht es – logisch – mit der Fähre und dann einige Kilometer durch Kyritz zum Bahnhof. Dieser Teil ist leider mehr Pflicht denn Kür. Aber das schreckt am Ende keinen Piraten.

Foto: OLIVER BASCH PHOTOGRAPHY 2014