Auf gute Nachbarschaft

Das unglückliche Pärchen

Das unglückliche Pärchen

Die Zeiten, als es dem unglücklichen Pärchen peinlich war, sich laut zu streiten, sind lange vorbei. Schon zwei Wochen nach dem Einzug war klar: Das ganze Haus weiß, dass sie ihn „Wichser“ und er sie „Schlampe“ nennt, wenn mal wieder die Teller fliegen. Das ganze Haus weiß, dass sie eine Affäre und er einen Dachschaden hat. Das ganze Haus weiß, dass die beiden niemals gemeinsam die Wohnung betreten oder verlassen, niemals zusammen auf dem Balkon ein Glas Rotwein trinken, niemals Besuch haben und sich nur selten, in Momenten der Wehmut, zu kurzem lautem Versöhnungssex hinreißen lassen. Aus der Wohnung des unglücklichen Pärchens wird man nie den Schall eines Heimkinoabends oder das  sommerliche Gedudel eines Jack Johnson hören. Rage Against The Machines „Killing in the Name“ läuft auf Dauerschleife, wenn einer der beiden wieder mit Türknallen aus der Wohnung geflüchtet ist. Doch eines ist sicher: Sie raufen sich immer wieder zusammen, sie halten sich an ihrem Unglück fest. Denn es ist das einzige, was sie noch gemeinsam haben.

Möglicher Mitbewohner: Der Sozialfall als Frustsaufkumpan oder der Harmoniesüchtige als Mediator
Sicherer Auszugsgrund: Ein glückliches Pärchen auf dem Nachbarbalkon