Feindbild Mutter?

Der Soziologe

»Das Klischee der Macchiato-Mütter wird immer dann aufgewärmt, wenn tatsächliche Veränderungen in Stadtteilen wie Prenzlauer Berg oder neuerdings Neukölln vage gefühlt, aber nicht systematisch benannt werden können. Stereotype haben es überall dort leicht, wo beobachtbare Veränderungen oder Unterschiede nicht angemessen verarbeitet werden können. Viele spüren und sehen die Veränderungen in ihren Nachbarschaften, aber den Menschen fehlt oft ein Instrumentarium, die damit verbundene Verunsicherung auf den Punkt zu bringen. Mit Blick auf die ­Lebensweisen in Stadtteilen wie Prenzlauer Berg könnten wir beispielsweise über performative Lebensstile und flexible Berufs­anforderungen nachdenken. Oder über neue Arrangements der geschlechtlichen Arbeitsteilung in den Familien oder auch die Statuspanik der bildungsbürgerlichen Mittelschichten. Alle, ­denen das zu kompliziert erscheint, bleiben bei den Klischees der ­Macchiato-Mütter oder wahlweise der Porno-Schwaben oder Hipster-Touristen.«

Andrej Holm, 43, Soziologe und Stadtforscher, Vater