Kiezleben

Ganoven

Dreist, witzig und geschickt: Diese Gauner haben legendäre Geschichten hinterlassen:

Hauptmann von Köpenick
Als Hauptmann verkleidet zog der gelernte Schuster Friedrich Wilhelm Voigt am 16. Oktober 1906 mit einer Gruppe unwissender Soldaten in das Rathaus der Stadt Köpenick vor den Grenzen Berlins ein und beschlagnahmte die Stadtkasse. Dann ließ er seine Truppen zurück, ging zum Bahnhof und fuhr nach Berlin, nicht ohne vorher noch ein Bier zu trinken. Zehn Tage später wurde der Hauptmann von Köpenick festgenommen, doch mit seiner Chuzpe hatte er ganz Deutschland zum Lachen gebracht. Selbst Kaiser Wilhelm II. soll ihn als „genialen Kerl“ bezeichnet haben.

 

Anna Anderson, die falsche Anastasia
Ihre Geschichte beginnt mit einem Selbstmordversuch: Am 17. Februar 1920 zog man die Fabrikarbeiterin Francisca Anna Czenstkowska gerade noch rechtzeitig aus dem Landwehrkanal. Anschließend gab sich die 23-Jährige als Anastasia aus, vierte Tochter von Zar Nikolaus. Die war zwar zwei Jahre zuvor ermordet worden, doch da die Leiche unauffindbar blieb, konnte Anna Anderson – wie sie sich fortan nannte – die Legende bis zu ihrem Tod 1984 aufrecht erhalten. 1994 bewies eine DNA-Analyse, dass sie nicht mit dem Zaren verwandt war.

 

Die Gebrüder Sass
Zusammen mit drei weiteren Brüdern wuchsen sie in einer 40-Quadratmeter-Wohnung in Moabit auf: Franz und Erich Sass, die Tresorknacker. Als erste Einbrecher überhaupt benutzten sie einen Schneidbrenner. So räumten sie diverse kleinere Banken aus und als Höhepunkt drangen sie am 27. Januar 1929  durch einen Tunnel in die Stahlkammer der Diskontobank am Wittenbergplatz ein, leerten 179 Schließfächer und entkamen mit einer Millionenbeute. Nachzuweisen war ihnen nichts, die Presse feierte sie als Gentleman-Ganoven und Meisterdiebe. Die Brüder wurden 1940 auf Befehl von Adolf Hitler im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet. Die Beute vermutet man noch im Boden des Grunewald.

 

Die Gladow-Bande
Wild und kurz lebte Werner Gladow, der selbsternannte deutsche Al Capone. Schon mit 16 Jahren war der Friedrichshainer Händler auf dem Schwarzmarkt am Alex und begeisterter Kinogänger. Nach Vorbild der Hollywood-Gangster kleidete er sich in Maßanzüge und weiße Krawatten und überzog Ende der 40er-Jahre die Stadt mit Überfällen. Nach zwei Jahren verriet ein Bandenmitglied Gladow, der nach einer Schießerei festgenommen und mit 19 Jahren zum Tode verurteilt wurde. Drei Versuche brauchte der Henker um Gladows Kopf abzutrennen.

 

Arno Funke alias Dagobert
Bundesweite Berühmtheit erlangte Arno Funke Anfang der 90er-Jahre, als er begann, den Karstadt-Konzern zu erpressen. Er untermauerte seine Forderungen mit Brandanschlägen. Als Codewort für die Bereitschaft zur Geldübergabe forderte Funke, den Satz „Dagobert grüßt seine Neffen“ in einer Zeitungsanzeige zu platzieren. Dem ehemaligen Rütli-Schüler und pfiffigen Bastler gelang es immer wieder der Polizei zu entkommen, doch letztlich wurde auch Dagobert geschnappt: Am 22. April 1994 wanderte Funke sechs Jahre und vier Monate in die JVA Plötzensee. Heute ist er Karikaturist beim Satiremagazin Eulenspiegel.

 

Die KaDeWe-Räuber
In der Nacht vom 25. zum 26. Januar 2009 stieg eine Bande ins KaDeWe ein, überwand modernste Sicherheitsanlagen und räumte die Filiale des Juweliers Christ aus. Schmuck im Wert von fünf Millionen Euro war ebenso spurlos verschwunden wie die Täter. Zwar fand die Polizei am Tatort DNS-Spuren, die eindeutig zu dem libanesischen Zwillings-Paar Hassan und Abbas O. führten. Mindestens einer der Brüder war also an dem Raub beteiligt – nur welcher? Da beide bis heute eisern schweigen, blieb der Staatsanwaltschaft nur, den Haftbefehl auszusetzen. Reaktion der Brüder: „Wir sind stolz auf den deutschen Rechtsstaat und danken ihm.“