Radtour 15

Picknick im Schlosspark Babelsberg

Am Wannsee wurde Gartengeschichte geschrieben, Leinwandmythen wurden gepflegt und Agenten ausgetauscht
Text Clemens Niedenthal

Plötzlich wird es steil. Ausgerechnet rechts hinter den Schweizerhäusern. Passt ja auch gut, bergiges Gelände, alpines Ambiente. Das indes eines dieser Schweizerhäuser noch immer auf seine Renovierung wartet, erzählt noch einmal die Geschichte dieses Ortes. Die Berliner Mauer verlief zwar eigentlich quer über die Glienicker Brücke – Agentenaustausch, wir erinnern die Fernsehbilder mit den schwarzen Limousinen. Die Kopfsteinplasterstraßen am Südwestende der Insel Wannsee und mit ihr die drei Dutzend Häuser von Klein-Glienicke gehörten aber dennoch zur DDR. Eine buchstäblich exzentrische Lage. Der Konsum-Schriftzug an der putzgrauen Fassade in der Waldmüllerstraße erzählt noch aus dieser Zeit.

Es ist ein ferner, ostalgischer Gruß in eine Gegenwart, in der sich die Waldmüllerstraße – und mit ihr die beiden Biergärten mit Wasserlage – prächtig in die Potsdamer Schlösser- und Gärtenlandschaft integriert haben. Freizeitlandschaften. Auf der anderen Seite der Glienicker Lanke fällt, nach dem erwähnten alpinen Aufstieg, der Schlosspark Babelsberg zum Havelufer hinab. Hier breiten wir unsere Picknickdecke aus.

Da sind wir schon gut 15 Kilometer unterwegs. Haben die Räder am S-Bahnhof Wannsee aus dem Zug gehoben. Und sind gleich erst mal entgegen der Fahrtrichtung gestartet. Vis-à-vis der Marina liegt nämlich Heinrich von Kleist begraben, ein – mindestens im Wortsinne – romantischer Tod. Gemeinsam mit der jungen Henriette Vogel war der Dichter just hier aus dem Leben geschieden. Überhaupt: ziemlich viel Geschichte auf dieser auch mal als Halbtagestour machbaren Runde. Die Villa von Max Liebermann mit dem Café, dem Garten und vor allem den Bildern. Das Haus der Wannseekonferenz, die Bürde der Vergangenheit. Gleich dahinter am Flensburger Löwen biegt der Weg zum Ufer ab, wird im folgenden zum immer gut radelbaren Pfad.

Rund um eine Insel geht es. Und vorbei an einer anderen. Man hört die Pfauen schon von drüben rufen. Ahnt, wie sie, passend zum Thema dieses Tages, ein Rad schlagen. Und weil die Kilometer überschaubar bleiben, reicht die Zeit, um mit der kleinen Fähre hinüber zur Pfaueninsel überzusetzen. Zur Burgruinenattrappe, der Orangerie, dem englischen Landschaftsgarten, den Friedrich Wilhelm II. Ende des 18. Jahrhunderts hier anliegen ließ.

Zur Einkehr indes sollte man eine Bucht weiter radeln. Das Wirtshaus Moorlake ist ein gut abgehangener, latent deftiger Klassiker. Kaum später zur Rechten die Glienicker Brücke. Und zur Linken der Volkspark Klein-Glienicke mit dem Hofgärtnermuseum. Jetzt geht es rüber über die Bundesstraße und runter zu den Schweizerhäusern, von denen eben schon die Rede war.

Diese Tour zwischen Berlin und Potsdam führt vielleicht nicht weit hinaus aus der Stadt. Aber sie führt hinein in ihre Geschichte. Und sie führt – fast – immer am Wasser entlang. Ein runde Sache also, ein radelndes Hüpfen zwischen den Epochen. Auf dem Weg zurück nach Wannsee nämlich geht’s noch durch die Babelsberger Villenherrlichkeit. Dort entlang also, wo einst die Filmdiven wohnten.

Foto: TMB-Fotoarchiv/Ulf Boettcher/SPSG