Der zweite Teil führt uns an der Havel entlang Richtung Spandau. Wo früher scharf geschossen wurde, kann heute entspannt gebadet werden
Text Sarah-Charline Meiners
Diese Route bietet sich sowohl als eigenständige Tour, als auch als Weiterführung des ersten Teils an.
Vom S-Bahnhof Frohnau kommend – letzte Station der S1 im Tarifbereich B – umrunden wir den Ludolfingerplatz. Am Ende des langen Sigismundkorso passieren wir die Stadtgrenze und stoßen auf den ausgeschilderten Mauerweg. Wo früher Wachtürme und Stacheldrahtzäune standen, sind heute nur Nadelbäume und Sandboden zu sehen.
An der Ruppiner Chaussee beginnt Hennigsdorf. Im Wasser liegen Gastfahrschiffe und Privatboote für Spritztouren auf der Havel, an deren Ufer wir entlangfahren. Über die Spandauer Allee gelangen wir nach Nieder Neuendorf. Hier lohnt sich ein kleiner Abstecher zur Naturbadestelle. Volleyballfeld, Spielplatz und ein Bootssteg mit Blick auf den Nieder Neuendorfer See laden zu einer kleinen Pause ein.
Weiter geht es auf der Uferpromenade zu einem der letzten vier noch erhaltenen Wachtürme. Der Grenzturm Nieder Neuendorf ist ein ehemaliger Führungsturm, in dem die Grenzsicherung der zehn Kilometer langen, parallel zur Havel verlaufenden Mauer koordiniert wurde. Heute skizziert eine Dauerausstellung unter anderem den Alltag der Wachsoldaten und erklärt den Aufbau der Grenzanlagen. Bereits am 3. Oktober beginnt die Winterpause.
Durch einen grünen Tunnel aus Kiefern radeln wir an der Badestelle „Bürgerablage“ im Bezirk Spandau vorbei. Nach einem kleinen Stück auf dem Radweg an der Niederneuendorfer Allee erreichen wir den Spandauer Forst. Der Verlauf der Berliner Mauer ist hier besonders gut sichtbar: Noch heute zieht der ehemalige Todesstreifen als spärlich bewachsene Wiese eine breite Schneise durch den Wald. Zwischen den Bäumen sind alte Betonpfosten der früheren Grenzanlage zu entdecken.
An der Schönwalder Allee erinnert ein Gedenkstein an die mindestens 138 Maueropfer in Berlin. Dazu erklärt eine Schautafel die damalige Situation an der Grenze zwischen Spandau und Schönwalde im Havelland, die erst 1994 endgültig geöffnet wurde. Unsere Strecke führt nun zum Landschaftsschutzgebiet Eiskeller, einer ehemaligen Exklave West-Berlins, und zieht sich einige Kilometer durch den Wald. Jetzt wird einem bewusst, wie hügelig die Landschaft ist. Um die Anhöhen hinaufzukommen, muss ordentlich in die Pedalen getreten werden. Dafür macht das Bergabfahren umso mehr Spaß.
Am Ende des schattigen Parks gibt es eine Gabelung: Rechts führt der Mauerweg weiter Richtung Staaken und Groß Glienicke, links weisen die grün-weißen Schilder zu unserem Ziel, dem Bahnhof Spandau. Die Galenstraße führt direkt zum Bahnhof Spandau, wo sich Radfahrer mit einem Eis aus traditioneller Manufaktur abkühlen können.
Die persönlichen Schicksale, die auf dem Mauerweg nachzulesen sind, und die wenigen Überreste der Anlagen helfen, die Situation an der ehemaligen Grenze besser zu verstehen. Für junge Berliner, die die Mauer nicht selbst miterlebt haben, ist die Radtour eine Möglichkeit, einen Einblick in die Zeit zu bekommen, in der Freiheit für Berliner und Brandenburger nicht so selbstverständlich war wie heute.