Eine Seilfähre, eine Schinkelkirche und hier und da noch ein Schloss: Die Tour verdichtet Brandenburg auf kleinstem Raum
Einstein war Radfahrer
Albert Einstein hatte hier sein Sommerhaus. Zum Radfahrer aber soll Einstein erst im amerikanischen Exil geworden sein. Von Caputh aus jedenfalls soll er sich am liebsten mit der Segeljolle nach Berlin aufgemacht haben. Um dann an der Havelchaussee zu ankern. Ein kleines Stück weiter oben, am Postfenn, hatte der Architekt Erich Mendelsohn sein Haus.
Einstein und Mendelsohn. Diese Freundschaft manifestiert sich auch im expressionistisch anmutenden Einsteinturm. Den aber lassen wir, obgleich fast an der Strecke, vom Bahnhof Potsdam startend links oben liegen. Und fahren derweil links hinunter zum Havelufer und weiter zum Templiner See. Allzu uniforme Neubauprojekte wechseln mit lakonisch verfallenen Fabrikgebäuden.
Hier am Wasser war einmal die Arbeit zu Hause. Jetzt, wo Potsdam hinter uns liegt, werden die Seen und Nebenarme der Havel zur Freizeitlandschaft. Der Bahndamm, der kurz vor Caputh den See durchmisst, könnte auch den Radtouristen ans andere Ufer bringen. So einfach aber machen wir es uns nicht. An der Caputher Seilfähre, die wir kurz nach dem Caputher Schloss – dem ältesten erhaltenen Schloss der Preußenkönige – erreichen, verweilen wir für einen Kaffee. Die Speisekarte lockt und es kitzelt in der Nase, aber wir haben ja den Picknickkorb dabei.
Gen Ferch teilt sich der Weg. Die Variante durch den Wald bleibt durchweg näher am Ufer, braucht aber ein stabiles Rad und einen ebensolchen Radler. Auf den Teerwegen kommt man schneller voran. Die Geschwindigkeit ist an diesem ersten wirklichen Frühlingswochenende des Jahres aber nur für jene eine Währung, die hier in joghurtbecherbunten Trikots und auf fingerschmalen Rennradreifen unterwegs sind. Radfahren ist ein toller Sport, uns bleibt er heute ein umso entschleunigteres Vergnügen.
Zumal die Mark Brandenburg vor Petzow den Buckel macht. Hügelig wird es plötzlich, der Hintern verlässt den Sattel. Knackig geht es bergauf. Und so aufgerichtet sehen wir einen Turm, bald darauf folgt ein – na klar – backsteinernes Kirchenschiff. Nach Plänen von – noch einmal: na klar – Karl Friedrich Schinkel wurde die so exponiert platzierte Dorfkirche 1842 gebaut. Schnurstracks und kopfsteingepflastert geht es von dort, vorbei an einigen charmanten Einkehrmöglichkeiten (empfohlen sei der Eisstand) hinunter in den Schlosspark. Einst hatte den Peter Joseph Lenné gestaltet. Längst hat er sich, wie das dazugehörige Schloss, ein wenig gehen lassen. In Petzow ist noch nichts sandgestrahlt. Und Buchten, mit schönen Nischen zum Picknicken, gibt es an fast jeder Seite des Dorfes.
Am Schwielowsee
Umso sandgestrahlter dafür: das Resort Schwielowsee, Subventionsskandale ranken sich um die seltsam aseptische Ferienanlage. Doch schon in Baumgartenbrück hat die gleichnamige Gaststätte wieder die alten Zeiten eingefangen, als Sommerfrischler hier am Ufer noch auf Berufsfischer getroffen sind und die Eisenbahn gerade erst ihre Brücken und Dämme über den See gelegt hatte. Rechts geht es jetzt wieder zur Seilfähre, der Tussy II, der wir am Vormittag schon in Caputh begegnet waren. Wir radeln derweil der Nase nach, wieder der Landeshauptstadt entgegen.