Familie

Wieder was gelernt: Opa Bumm-Bumm

Ballern hat in unserer Familie Tradition: Damals, bei Opa und Oma, bei denen mich meine ­Eltern an Silvester abwarfen, durfte ich bis 0.30 Uhr aufbleiben. Wir kauften nichts Aufregendes, nur eine gemischte Tüte mit kleinen Raketen, Ladykrachern und ein paar Sprühern, die meist im Schnee erloschen. Unser Feuerwerk war eher ein Kompromiss als ein Spektakel: Meine Großeltern hatten Angst, dass etwas passieren könnte. Außerdem war Opa ganz früher mit auf Russlandfeldzug und hatte da genug Geballer für zehn Leben.

Aber da wir ziemlich abgelegen wohnten, brauchten wir ein bisschen Munition, sonst wäre der Abend eine inakzeptable Enttäuschung für den einzigen Enkel gewesen. Deshalb stellte Opa seine Kriegspsychose auf stumm und übernahm das Zünden der Detonatoren. Während meine Augen leuchteten und Opa geduckt durch den Vorgarten rannte, stand meine Oma an der Haustür und kommentierte jede Explosion mit: „Ich bin froh um jeden Böller, der verschossen ist“, und nippte an ihrer Sektschale, in der ein Kullerpfirsich munter seine Runden drehte. Inzwischen weilt Opa dort, wohin keine Rakete mehr reicht, und es ist an mir, die Tradition sinnloser Zerstörung weiterzuführen. Bei Sohn Nummer Eins habe ich versagt: Früher verschlief er, heute, mit 19, lässt er es im Club auf andere Weise krachen. Meine letzte Hoffnung liegt nun auf den Schultern des zweieinhalbjährigen Kleinen Prinzen: Ich habe eine Premium-Rakete Typ Silberweide bestellt, die ihr gleißendes Licht wie eine Fontäne über uns ergießen wird. An die Rakete wird ein Gruß an Opa gehängt. Und der Kleine Prinz, der seinen Urgroßvater nur aus Erzählungen kennt, hat den Text schon vorgegeben: „Schlaf schön, Opa Bumm-Bumm.“